Wir dokumentieren hier die Pressekonferenz des Papstes auf dem Rückflug von Tel Aviv
im Volltext. Es handelt sich um eine Arbeitsübersetzung aus dem Italienischen von
Radio Vatikan.
Die Papstreise ins Heilige Land
Eine Journalistin
vom italienischen Fernsehsender TV2000 wollte wissen, inwiefern der Papst vor seiner
Reise die starken Zeichen, die er im Heiligen Land setzte, geplant habe.
Papst:
„Nun, die Gesten, die authentischsten, sind doch die, an die man nicht denkt, die
einfach so kommen, nicht wahr? Ich habe gedacht: ,Man könnte etwas machen…‘, aber
keine (meiner, Anm.) konkreten Gesten ist so geplant gewesen. Einige Dinge, zum Beispiel
die Einladung an die beiden Präsidenten zum Gebet – das war ein wenig angedacht gewesen,
es dort (im Heiligen Land, Anm.) zu machen, aber es gab viele logistische Probleme,
viele, denn man muss ja auch das Territorium beachten, wo man so was macht, nicht
wahr? Wir haben also ein wenig überlegt, man dachte an ein Treffen, doch am Ende ist
das (der aktuelle Vorschlag, Anm.) dabei herausgekommen, und ich hoffe, das das gut
sein wird. Ich weiß nicht – wenn ich eine Idee habe, kommt mir das spontan, das ist
einfach so. Um die Wahrheit zu sagen… wenn jemand sagt: ,Man könnte da doch was machen‘
- aber konkret fällt mir (dann, Anm.) nichts dazu ein. Zum Beispiel in Yad Vashem,
nichts; und dann ist doch was gekommen. So ist das.“
Auf die Frage nach
der Einladung des palästinensischen und des israelischen Präsidenten in den Vatikan,
die der Papst im Heiligen Land überraschend ausgesprochen hatte, erklärte Franziskus:
„Dieses Treffen wird ein Gebetstreffen sein, es dient nicht der Vermittlung
oder um Lösungen zu suchen, nein. Wir werden uns lediglich zum Gebet zusammenfinden.
Und dann wird jeder wieder nach Hause gehen. Ich glaube allerdings, dass das Gebet
wichtig ist und dass es hilft, zusammen ohne weitere Diskussionen zu beten. Vielleicht
habe ich mich vorher nicht klar genug ausgedrückt – es wird ein Gebetstreffen sein.
Es werden ein Rabbiner, ein Muslim und ich anwesend sein. Ich habe den Kustos im Heiligen
Land gebeten, die praktischen Dinge dafür zu organisieren.“
Die Zukunft
Jerusalems
Gefragt nach dem Status Jerusalems antwortete der Papst einer
portugiesischsprachigen Pressevertreterin:
„Es gibt viele Vorschläge zur
Frage Jerusalems. Die katholische Kirche, der Vatikan, hat seine Position aus religiöser
Sicht. Jerusalem wird die Stadt des Friedens der drei Religionen sein. Das also aus
religiöser Sicht. Ich wäre damit einverstanden, wenn aus Verhandlungen vielleicht
hervorgeht: Jerusalem wird Hauptstadt eines Staates bzw. eines anderen… doch das sind
Hypothesen. Ich sage nicht: ,So muss es sein‘, nein, das sind Hypothesen, die sie
aushandeln müssen. Ich fühle mich nicht kompetent (genug), um zu sagen, macht dies
macht das, das wäre verrückt, oder? Aber ich glaube, dass man mit Ehrlichkeit, Brüderlichkeit,
gegenseitigem Vertrauen den Weg der Verhandlungen einschlagen muss. Und da verhandelt
man alles, das Gebiet, das Verhältnis. Es braucht Mut, um das zu tun, und ich bete
viel zum Herrn, dass die beiden Parteien, die beiden Regierungen den Mut haben, da
weiterzugehen. Das ist der einzige Weg zum Frieden. Ich sage nur das, was die Kirche
sagen muss und immer gesagt hat: Jerusalem als Bezugspunkt, als Stadt des Friedens,
als Hauptstadt der drei Religionen.“
Ökumene: Austausch mit Bartholomaios
I.
Die ARD informierte sich beim Papst, ob im Bereich der Ökumene konkrete
weitere Schritte geplant seien. Und ob die katholische Kirche nicht von der orthodoxen
Kirche lernen könne, so in der Frage des Zölibates.
Papst: „Die katholische
Kirche hat aber verheiratete Priester, nicht wahr? Die griechisch-katholischen, die
koptisch-katholischen…. Es gibt sie, im orientalischen Ritus. Denn der Zölibat ist
kein Glaubensdogma, er ist eine Lebensregel, die ich sehr schätze und von der ich
glaube, dass sie ein Geschenk für die Kirche ist. Weil er kein Glaubensdogma ist,
ist die Tür da immer noch offen. In diesem Augenblick haben wir nicht darüber gesprochen,
als Programm, zumindest dieses Mal nicht. Wir haben stärkere Dinge anzugehen. Mit
Bartholomaios wurde das Thema also nicht angesprochen, denn es ist sekundär im Verhältnis
zu den Orthodoxen, wirklich. Wir haben über die Einheit gesprochen. Doch Einheit stellt
man unterwegs her, die Einheit ist ein Weg. Wir können nie auf einem Theologiekongress
Einheit schaffen. Und der Patriarch hat mit mir über das gesprochen, was Athenagoras
zu Paul VI. sagte: ,Wir gehen hier gemeinsam, ruhig, und all die Theologen diskutieren;
wir aber gehen das Leben.‘ … zusammen gehen, zusammen beten, zusammen arbeiten in
vielen Dingen, die wir zusammen tun können, uns gegenseitig helfen. Zum Beispiel mit
den Kirchen. In Rom und vielen anderen Städten. In Rom benutzen viele Orthodoxe zeitweise
katholische Kirchen. Anderes Thema, über das wir sprachen: dass wie vielleicht beim
panorthodoxen Konzil etwas gemeinsam machen … Wir sprechen wie Brüder, mögen uns,
erzählen uns die Probleme unseres Amtes. Und wir haben auch viel über das Problem
der Wirtschaft gesprochen: er ist wirklich sehr besorgt darüber, ich auch, und wir
haben darüber gesprochen, dieses Problem gemeinsam anzugehen.“
Seligsprechung
von Pius XII. stagniert
Ein englischsprachiger Journalist wollte wissen,
ob der Papst das Seligsprechungsverfahren für Papst Pius XII. vorantreiben wolle.
Papst: „Das Seligsprechungsverfahren von Pius XII. Ist offen. Ich habe mich
informiert: noch gibt es kein Wunder, und wenn es keine Wunder gibt, kann es nicht
weitergehen, nicht wahr? Es steckt also fest. Wir müssen abwarten, wie die Realität
dieser Causa weitergeht und dann daran denken, Entscheidungen zu treffen. Doch die
Wahrheit ist die: Es gibt kein Wunder, und für die Seligsprechung ist zumindest eines
notwendig. So sieht es aus. Ich kann nicht überlegen: ,Spreche ich ihn selig oder
nicht‘, denn der Prozess ist langsam.“
Null-Toleranz-Politik bei Ahndung
von Kindesmissbrauch
Ein Journalist der US-amerikanischen katholischen
Nachrichtenagentur CNS fragte den Papst nach der Ahndung von Missbrauch durch Kleriker
in der katholischen Kirche und den Konsequenzen für Bischöfe, die die gültigen Leitlinien
und Normen missachten.
Papst: „In Argentinien sagen wir den Privilegierten:
,Das ist ein Vatersohn.“ Bei diesem Problem wird es keine ,Vatersöhne' geben. In diesem
Moment laufen Ermittlungen gegen drei Bischöfe. Einer ist schon verurteilt und man
berät über die Strafe. Es gibt da keine Privilegien. Missbrauch an Minderjährigen
ist ein sehr, sehr schlimmes Verbrechen … wir wissen, dass das ein schwerwiegendes
Problem überall ist, doch mich interessiert die Kirche. Ein Priester, der so etwas
tut, verrät den Leib des Herrn, denn dieser Priester sollte dieses Kind, diesen Jungen,
dieses Mädchen, zur Heiligkeit tragen. Der Junge, das Mädchen vertraut ihm, und der
– statt sie oder ihn zur Heiligkeit zu bringen - missbraucht ihn oder sie. Das ist
äußerst schwerwiegend! Das ist wie eine satanische Messe, um ein Beispiel zu nennen.
…
Demnächst wird es eine Messe mit einigen Personen, die Missbrauch
erlitten haben, im vatikanischen Gästehaus Santa Marta geben und dann ein Treffen
mit ihnen: ich und sie und Kardinal O'Malley von der Kinderschutzkommission. Hier
muss man weitergehen, weiter: Null Toleranz!“
Kirche und Kurie verbessern
Nach
den Hindernissen und dem Stand der Kurienreform gefragt, sagte Franziskus:
Papst:
„Nun, das erste Hindernis bin ich, nicht wahr (lacht)? Nein… Wir sind an einem guten
Punkt, denn … in einen Monat nach der Papstwahl wurde der achtköpfige Kardinalsrat
nominiert. Anfang Juli haben wir uns zum ersten Mal getroffen, und seitdem geht die
Arbeit weiter. Was tut der Kardinalsrat? Er studiert die Konstitution ,Pastor Bonus‘
und die römische Kurie. Er hat sich mit aller Welt beraten, mit der gesamten Kurie
und beginnt, einige Dinge zu untersuchen, nach dem Motto: ,Das könnte man so und das
so machen…‘ Einige Dikasterien zusammenlegen, etwa, um die Organisation ein wenig
leichter zu machen… Einer der Kernpunkte war der wirtschaftliche Aspekt. Und das (neue,
Anm.) Wirtschaftssekretariat wird da sehr helfen. Es muss mit dem Staatssekretariat
zusammenarbeiten, denn das gehört zusammen, alle gemeinsam arbeiten daran. Jetzt im
Juli werden wir vier Tage mit dieser Kommission arbeiten und dann, ich glaube, im
September weitere vier Tage. Das ist ziemlich viel Arbeit. Die Resultate sieht man
noch nicht alle, aber der wirtschaftliche Teil kam zuerst zur Sprache, denn es gab
einige Probleme, über die die Presse viel berichtet hat, und die müssen wir uns ansehen.
Die Hindernisse sind normale Hindernisse bei einem solchen Prozess. Man muss den Lösungsweg
studieren, die Überzeugung dabei ist sehr wichtig. Eine Arbeit der Überzeugung, der
Hilfe. Es gibt Leute, die das nicht verstehen, doch das ist bei jeder Reform so. Ich
bin zufrieden: wirklich, ich bin zufrieden. Wir haben viel gearbeitet und der Dienst
dieser Kommission hilft uns sehr.“
Ein Journalist von der Zeitung „LaVanguardia“
kam auf den Wirbel um die Wohnung von Kardinal Bertone und andere „Skandale“ zu sprechen.
Was denkt der Papst darüber? Und stehen solche Skandale nicht im Widerspruch zur Botschaft
der Armut, die Franziskus stets unterstreicht?
Papst: „Herr Jesus hat einmal
zu seinen Jüngern gesagt – das steht im Evangelium: ,Es ist unvermeidbar, dass es
Skandale gibt‘. Wir sind Menschen, Sünder, alle. Es wird (solche Skandale, Anm.) geben,
es wird sie geben. Die Herausforderung ist zu verhindern, dass es noch mehr davon
gibt, nicht wahr? Etwa in der wirtschaftlichen Verwaltung. (Es braucht hingegen, Anm.)
Ehrlichkeit und Transparenz. Die beiden Kommissionen – die, die das IOR untersucht
hat und die Kommission, die den ganzen Vatikan untersucht – haben ihre Schlussfolgerungen
gemacht, haben Vorschläge gemacht. Und jetzt wird man die Reformen, die diese Kommissionen
vorgeschlagen haben, zusammen mit dem Wirtschaftssekretariat, das Kardinal Pell leitet,
weiter umsetzen. Doch es wird Widersprüche geben, die wird
es immer geben, nicht wahr? Denn wir sind Menschen, und die Reform muss Kontinuität
haben. Die Kirchenväter sagten: ,Ecclesia semper reformanda‘. Wir müssen darauf achten,
die Kirche jeden Tag zu reformieren, denn wir sind Sünder, wir sind schwach und es
wird Probleme geben … Zum Beispiel wurden im IOR, glaube ich, 1.600 Konten, mehr oder
weniger, geschlossen, nicht wahr? Von Personen, die kein Recht hatten, ein Konto beim
IOR zu haben. Das IOR dient dazu, der Kirche zu helfen, die Bischöfe der Diözesen,
Angestellten des Vatikan, ihre Witwen … haben das Recht (auf ein Konto, Anm.)… Aber
die Botschaften (zum Beispiel) haben kein Recht (auf ein Konto, Anm.). Und das ist
eine gute Sache: Die Konten derjenigen zu schließen, die kein Recht (auf ein Konto,
Anm.) haben.
Was Ihre Frage zum (angeblichen) 15-Millionen-Geschäft
betrifft: Das wird noch untersucht, das ist noch gar nicht klar. Es könnte wahr sein,
ist aber in diesem Moment nicht definitiv, das wird noch untersucht, klar? Um das
richtigzustellen. Danke.“
Europa: Niedrige Geburtenraten und Jugendarbeitslosigkeit
Ein Journalist von der französischen Zeitung „La Croix“ brachte im Namen
aller französischen Pressevertreter im Papstflugzeig die Frage vor, ob ihn die Zunahme
an Populismus in Europa beunruhige, die sich in den aktuellen Ergebnissen zur Europawahl
widerspiegelt.
Papst: „Ich habe in diesen Tagen Zeit gehabt, das Vaterunser
zu beten, zumindest ein wenig (lacht). Aber ich habe wirklich keine Nachrichten über
die Wahlen bekommen, wirklich. Ich habe keine Zahlen dazu vorliegen, wer gewonnen
hat und wer nicht. Aber, Populismus – inwiefern?“
Ergänzung des Journalisten:
Viele Europäer haben Angst, dass es in Europa keine Zukunft gibt. Es gibt eine hohe
Arbeitslosigkeit und die anti-europäischen Parteien haben bei diesen Wahlen stark
zugelegt.
Papst: „Darüber habe ich gehört. Über das Vertrauen in Europa
und das Misstrauen gegenüber Europa. Auch was den Euro betrifft, wollen ja einige
einen Rückzieher machen… Von diesen Dingen verstehe ich nicht viel. Aber Sie haben
ein Schlüsselwort genannt: die Arbeitslosigkeit. Das ist schwerwiegend. Ich interpretiere
das, vereinfacht gesagt, so: Wir befinden uns in einem Weltwirtschaftssystem, in dessen
Zentrum das Geld steht, nicht die menschliche Person. In einem echten (und nicht entfremdeten,
Anm. d. Red.) Wirtschaftssystem müssen der Mann und die Frau im Zentrum stehen, die
menschliche Person. Heute steht im Zentrum das Geld. Um dieses System aufrechtzuhalten,
damit es weiter funktioniert, werden bestimmte ,Abfallmaßnahmen’ ergriffen. Man verwirft
Kinder – die Geburtsraten in Europa sind nicht sehr hoch, nicht wahr? Italien hat,
glaube ich, 1,2 Prozent, Frankreich hat 2, ein wenig mehr, Spanien weniger als Italien,
vielleicht gerade 1 Prozent. Man verwirft die Kinder und die Alten. Sie sind ,unnütz‘,
die Alten, aus Sicht der Konjunktur… Und die Alten werden auch in vielen Ländern durch
versteckte Euthanasie ,weggeworfen‘, nicht wahr? Man gibt Medizin bis zu einem gewissen
Punkt.
Heute wirft man auch die Jugend weg, das ist äußerst schwerwiegend,
schwerwiegend. In Italien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei fast 40 Prozent, ich
bin nicht sicher; in Spanien sicher bei bis zu 50 Prozent. Und in Andalusien, in Südspanien,
bei 60 Prozent! Das bedeutet, es gibt eine ganze Generation des ,weder-noch‘: Sie
studieren nicht und arbeiten nicht, das ist äußerst schwerwiegend. Man wirft eine
ganze Generation junger Leute weg. Ich sehe diese Kultur des Wegwerfens als sehr ernstes
Problem. Das gibt es nicht nur in Europa, sondern ein wenig überall, doch in Europa
ist sie stark zu spüren. Wenn man den Vergleich zieht zur Zeit vor zehn Jahren, zur
Kultur des Wohlstandes – das ist ein schwieriger Moment. Ein … unmenschliches System.
Ich hatte keine Angst, in der Exhortation Evangelii gaudium zu schreiben: ,Diese Wirtschaft
tötet.‘ Und ich wiederhole das.“
Die kommende Synode zur Ehe- und Familienpastoral
Eine
argentinische Journalistin wollte stellvertretend für die spanischsprachigen Journalisten
vom Papst wissen, wie es in der Frage der Kommunion für Geschiedene weitergehen wird
und ob die kommenden Synoden zur Familie in diesem Bereich bei den Gläubigen nicht
zu hohe Erwartungen weckten, die am Ende nicht erfüllt werden könnten.
Der
Papst: „Bei der Synode wird es um die Familie gehen, um die Probleme der Familie,
ihren Reichtum, die aktuelle Lage der Familie. Die einleitende Darstellung von Kardinal
Kasper hatte fünf Kapitel: vier zur Familie, die schönen Dinge der Familie, das theologische
Fundament, einige familiäre Problematiken. Und im fünften Kapitel ging es um das pastorale
Problem der Trennung, der Eheannullierungen, die Geschiedenen… Hier kommt die Frage
der Kommunion wieder ins Spiel. Mir hat es nicht gefallen, dass viele Personen – auch
Kirchenleute, Priester – gesagt haben: ,Aha, die Synode dient dazu, den Geschiedenen
die Kommunion spenden zu können.‘ Mein Eindruck war, als würde sich alles auf Kasuistik
reduzieren. Nein, die Sache ist viel umfassender. Wir wissen alle, dass die Familie
heute in der Krise ist und zwar global. Die jungen Leute wollen nicht heiraten oder
sie leben zusammen – die Ehe ist in der Krise und die Familie. Und ich will nicht,
dass wir uns in Einzelfällen verlieren: ,man darf, man darf nicht‘ ...
Ich
danke deshalb sehr für diese Frage, denn sie gibt mir Gelegenheit, das klarzustellen.
Das pastorale Problem der Familie ist sehr, sehr weit, sehr weit gefasst. Und man
muss sich Fall für Fall ansehen, nicht wahr? Papst Benedikt hat drei Mal etwas zu
den Geschiedenen gesagt, was mir sehr hilft. Einmal in Alto Adige, ein anderes Mal
in Mailand und das dritte Mal, wo war das noch…, ah ja, beim letzten öffentlichen
Konsistorium zur Kreierung der Kardinäle: die Prozeduren der Ehenichtigkeitsverfahren
zu studieren (…); den Glauben prüfen, mit dem jemand in die Ehe geht und klarmachen,
dass die Geschiedenen nicht exkommuniziert sind. Denn oftmals werden sie ja als solche
behandelt. Das ist eine ernsthafte Sache. Bei der Synode wird es um die Familie gehen:
ihren Reichtum, ihre Probleme, Lösungen, Annullierung, all das. Und auch dieses Problem
(der Frage der Kommunion für Geschiedene, Anm.) wird seinen Platz haben, aber im Zusammenhang.
Und jetzt erzähle ich ihnen mal, warum gerade eine Synode zur Familie
– das war für mich eine sehr starke Erfahrung: Im zweiten Pontifikatsmonat ist Monsignor
Eterovic, damals Generalsekretär der Bischofssynode, mit drei Themen, die der postsynodale
Rat für die nächste Synode vorschlug, zu mir gekommen. Das erste war stark, gut: Das
Wirken Jesu Christi auf den Menschen von heute. Das war der Titel, in Fortführung
der Synode zur Evangelisierung. Ich habe Ja gesagt, wir haben ein wenig über die Reform
der Methodik gesprochen, und am Ende habe ich gesagt: ,Fügen wir etwas hinzu: Das
Wirken Jesu auf den Menschen von heute und auf die Familie‘. Beim ersten Treffen des
postsynodalen Rates habe ich dann beobachtet, dass man diesen ganzen Titel nannte
und zunehmend sagte: ,Ja – das Wirken auf die Familie‘ - ,Was bringt Jesus der Familie?‘
Man sprach von ,der Synode zur Familie‘ und so hat der Rat, ohne es zu merken, letztlich
über Familie gesprochen. Ich bin sicher, dass es der geist des Herrn war, der uns
zur Wahl dieses Titels geführt hat, ich bin mir sicher. Denn heute braucht die Familie
wirklich viel pastorale Unterstützung, nicht wahr?“
Papstreisen nach
Asien und Christenverfolgung
Ein japanischer Journalist fragte den Papst
nach der für August geplanten Reise nach Südkorea: Wird er bei dieser Gelegenheit
auch auf die Unterdrückung von Christen in Nordkorea und die nicht leichte Lage der
Christen in China eingehen?
Papst: „Was Asien angeht, sind zwei Reisen geplant:
nach Südkorea, anlässlich des Treffens mit der asiatischen Jugend, und dann im kommenden
Januar eine Reise von zwei Tagen nach Sri Lanka und dann auf die Philippinen, in der
vom Tsunami getroffenen Region.
Das Problem mangelnder Freiheit zur
Religionsausübung gibt es nicht nur in einigen asiatischen Ländern, es existiert auch
in anderen Ländern der Welt. Nicht in allen Ländern gibt es Religionsfreiheit. In
einigen gibt es eine mehr oder weniger leichte Kontrolle, andere ergreifen Maßnahmen,
die in einer echten Verfolgung der Gläubigen münden. Es gibt Märtyrer, nicht wahr?
Es gibt sie, heute, christliche Märtyrer. Katholiken und Nicht-Katholiken, Märtyrer.
An einigen Orten kann man kein Kruez tragen oder eine Bibel besitzen. Man kann Kindern
nicht den Katechismus lehren – in unserer heutigen Zeit! Ich glaube - und ich glaube,
da irre ich nicht -, dass es heute mehr Märtyrer gibt als in der Anfangszeit der Kirche.
Wir müssen uns nähern, in einigen Gegenden mit Vorsicht, um diesen Menschen zu helfen;
wir müssen viel für diese Kirchen beten, die leiden, die sehr leiden. Auch die Bischöfe,
auch der Heilige Stuhl arbeitet mit Diskretion, um diesen Ländern und den Christen
dieser Länder zu helfen. Aber leicht ist das nicht. In einem Land etwa ist es verboten,
gemeinsam zu beten: es ist verboten. Doch die Christen dort wollen die Eucharistie
feiern! Und es gibt einen Arbeiter, der Priester ist. Er geht da hin, setzt sich an
den Tisch, und sie tun alle so, als ob sie Tee trinken und feiern eigentlich die Eucharistie.
Und wenn die Polizisten kommen, verstecken sie sofort die Bücher und trinken Tee.
So etwas passiert heute! Das ist nicht leicht.“
Amtsverständnis des
Papstes: Benedikt XVI. „öffnete eine Tür“
Die italienische Nachrichtenagentur
Ansa wollte vom Papst wissen, ob er sich vorstellen könne, dass er eines Tages auf
das Papstamt verzichten werde – wie sein Vorgänger Benedikt XVI.
Papst:
„Ich werde das tun, was der Herr mir aufträgt zu tun: beten und den Willen Gottes
suchen. Aber ich glaube, dass Benedikt XVI. kein Einzelfall bleibt. Er hatte nicht
mehr die Kraft und hat mit Ehrlichkeit, denn er ist ein Mann des Glaubens und sehr
demütig, diese Entscheidung getroffen. Ich glaube, dass er eine Institution ist: vor
70 Jahren gab es fast keine emeritierten Bischöfe. Und jetzt gibt es viele davon.
Was passiert mit den emeritierten Päpsten? Ich glaube, wir müssen Benedikt als eine
Institution betrachten. Er hat eine Tür geöffnet, die Tür der emeritierten Päpste.
Wird es weitere davon geben oder nicht? Gott weiß es. Doch diese Tür ist offen: Ich
glaube, dass ein Bischof von Rom, ein Papst, der spürt, dass seine Kräfte nachlassen
– denn heute lebt man lang, nicht wahr? – sich dieselben Fragen stellen muss, die
sich Papst Benedikt XVI. stellte.“