2014-05-24 12:21:32

„Er macht die Herzen weicher“: Erwartungen an den Papstbesuch


RealAudioMP3 Verschiedene Gruppen, verschiedene Religionen, verschiedene Erwartungen: Die Papstreise ins Heilige Land wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Unser Korrespondent vor Ort, Pater Bernd Hagenkord, hat darüber mit Frau Petra Heldt gesprochen, einer Professorin in Jerusalem und Leiterin eines ökumenischen Forschungsinstitutes.

Werfen Sie doch bitte einen Blick auf das, was in den kommenden Tagen in Nahen Osten passiert, nicht nur in Israel, sondern auch in Palästina und in Jordanien. Da kommt jemand von außen – der Papst – und spricht all die Dinge an, die hier sehr sensibel sind. Es geht um Flüchtlinge, er wird den Staat Palästina besuchen und das Grab von Theodor Herzl besuchen, alles heikle Punkte. Wie sieht man das von hier aus?

„Ich glaube, dass wir hier die jüdische, die muslimische und die christliche Seite unterscheiden müssen. Von christlicher Seite wird gesagt, dass das wichtigste Ereignis die Begegnung mit dem Patriarchen Bartholomaios ist. Von hier aus – auch wenn es vielleicht Wunschdenken ist – sieht man das als einen Schulterschluss zwischen der West- und der Ostkirche, der in diesem Augenblick sehr wichtig ist, wo die Flüchtlingsströme und die Verfolgung der Christen im Nahen Osten sehr stark sind.“

Wir würde die muslimische Perspektive ihrer Erfahrung nach lauten?

„Die muslimische Perspektive sieht, dass der Papst in ein muslimisches Flüchtlingslager geht und nicht zu sehr die christlichen Flüchtlinge in den Vordergrund rückt, er zeigt seine Präsenz bei den muslimischen Flüchtlingen. Das ist ein wichtiges Zeichen und dafür wird er sehr geschätzt. Außerdem geht der Papst am Montag auf den Tempelberg, am Vortag eines der wichtigsten muslimischen Feste, nämlich der Himmelfahrt Mohammeds. Und an diesem Tag gemeinsam mit dem Grußmufti von Jerusalem auf dem Tempelberg zu sein betrachten die Muslime als großes Zeichen.“

Bei der dritten Seite, die Sie angesprochen haben, der jüdischen, scheint die einzige Hoffnung die zu sein, dass nichts passiert.

„Von jüdischer Seite kann man sagen, dass man sich freut, dass der Papst seinen ersten wirklichen Auslandsbesuch in das Heilige Land macht und nach Israel kommt und damit ein Zeichen setzt, dass die guten Beziehungen zwischen dem Vatikan und Israel weitere Fortschritte machen werden.“

Wir haben im Augenblick einen wieder einmal abgebrochenen Friedensprozess, die Flüchtlinge, die aus Syrien in die südlicheren Länder wie Jordanien drängen: Wie ist im Augenblick die Stimmung abgesehen vom Papstbesuch, ist das eher eine Gespanntheit oder schaut man mit Ruhe?

„Es ist eine gespannte Ruhe. Was wir sehen ist, dass es um Israel herum Aufstände gibt und Bürgerkrieg herrscht zwischen den verschiedenen muslimischen Gesellschaften. Und dabei werden Christen zerrieben. Und deswegen ist man sehr beunruhigt und passt genau auf, wie sich die verschiedenen muslimischen politischen Konstellationen entwickeln. Und trotzdem die Friedensverhandlungen abgebrochen sind kann man sagen, dass es doch eine gegenseitige Wertschätzung und Informationspolitik gibt zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten. Deswegen haben wir in Israel selber eine relative Ruhe.“

Im Vorfeld ist vom Papst und anderen immer wieder betont worden, dass es eine religiöse Reise sei, eine Pilgerreise. Aber im Nahen Osten ist alles politisch, wir würden uns ja etwas vormachen, wenn wir etwas anderes behaupten würden. Kann das politisch etwas erreichen, was der Papst sagt und tut?

„Ich glaube schon. Diese Ganze Region ist ja wenn wir es theologisch oder pastoral sagen dürfen eine Region, die unter Verletzungen leidet. Es ist ein Zeichen der Liebe und der Versöhnung. Und egal ob man in dieser Region Jude, Muslim oder Christ ist, wird ein Zeichen der Liebe und der Versöhnung immer aufgenommen. Und ich glaube auch, dass dieses Versöhnungselement in Hinblick auf die Pollitik eine weitere Folge haben könnte. Es macht die Leute weicher, die Herzen werden weicher. Wir hoffen, dass man stärker in die Geschichte hinein geht und anfängt zu lernen. Denn je mehr man hier im Osten von der Geschichte weiß, desto besser kann man die Entscheidungen treffen, die nötig sind, und vielleicht Fehler vermeiden.“


Hintergrund
Petra Heldt lebt seit 1979 in Israel. Die ordinierte Pfarrerin doziert an der hiesigen Universität orientalische Patristik und ist Direktorin der Ökumenischen Forschungsstelle. Außerdem war sie engagiert in der Einrichtung einer Schule für syrisch-orthodoxe Kinder in Bethlehem, vom Kindergarten an aufgebaut können Kinder dort ihre Sprache und Kultur lernen. 1997 überlebte sie einen Bombenanschlag.

(rv 24.05.2014 ord)







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