Der Papstbesuch in den arabischen Medien und der israelischen Presse
Die Tageszeitung „Al Quds” widmet dem Papstbesuch erst auf Seite neun einen
kleinen Artikel. „Der Papst mit einer Botschaft der Demut“ lautet der Titel. Auf der
vierten Seite geht es um ein Interview mit dem libanesischen Kardinal Bechara Boutrus
Rai in Amman. Aus Verärgerung über die anhaltende Kritik an seinem Israel-Besuch brach
der libanesische Patriarch der Maroniten ein Interview mit dem TV-Sender „France 24“
ab, als der Fernsehsprecher auf kritischen Fragen zu dem umstrittenen Besuch insistierte.
Der Kardinal erklärte, er habe all diese Fragen längst ausführlich beantwortet. Mit
seiner Ankündigung, Papst Franziskus bei seiner Nahost-Reise in Jerusalem willkommen
heißen zu wollen, hatte Rai für heftige Debatten im Libanon wie auch in Palästina
gesorgt. Im Gespräch mit dem französischen Sender verteidigte Rai erneut seine Position.
Es handele sich bei seinem Pastoralbesuch in Jerusalem um eine religiöse Pflicht,
da der Papst in das Gebiet seiner Diözese komme. Politische Kontakte oder Treffen
mit israelischen Vertretern werde es nicht geben. Er habe sich zuvor den Segen des
libanesischen Staatspräsidenten und des Ministerpräsidenten geholt, so Rai. Bei einer
Messe mit maronitischen Gläubigen in Amman hatte Rai laut libanesischen Medienberichten
am Freitagabend betont, sein Besuch in Jerusalem bezeuge, dass die Stadt auch den
Christen gehöre.
Der arabische CNN-Sender titelt „Politische Hoffnungen
für den Besuches des Papstes im Heiligen Land“. Viele Berichte zum Papstbesuch bringt
auch der Sender Al Jazeera. Das arabische Fernsehen spricht im Kontext der
Papstreise von „großen Hoffnungen“. Der Sender bringt eine Zusammenfassung des Interviews
mit Kardinal Jean Louis Tauran vom Päpstlichen Rat für Interreligiösen Dialog. Die
Papstreise werde die Probleme des palästinensischen Volkes berühren, wird der Kardinal
zitiert. Der Heilige Stuhl habe ein moralisches Gewicht in der Welt, was die Verteidigung
der Menschenrechte betreffe - um eine Lösung für das palästinensische Volk zu finden,
werde man sich aber im Kontext der internationalen Organisationen bewegen, wird Tauran
weiter zitiert. Der Papst werde an das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat
erinnern, und zwar so, wie er es immer getan habe, so der Kardinal.
Auch der
palästinensische Botschafter beim Heiligen Stuhl kommt in dem arabischen Fernsehsender
zu Wort. Er zeigt sich überzeugt, dass die Worte, die der Papst im Heiligen Land wählen
wird, internationales Recht widerspiegeln werden: Das palästinensische Volk brauche
einen eigenen freien Staat, der mit der Anerkennung der Grenzen von 1967 einhergehe,
so der Botschafter. Dass der Papst am Sonntagmorgen noch vor einem Besuch in Israel
in Bethlehem landen wird, werten viele Beobachter als weitere Geste der Anerkennung
eines palästinensischen Staates durch den Heiligen Stuhl. Palästina war von den Vereinten
Nationen 2013 der Beobachterstatus in dem internationalen Gremium zuerkannt worden.
Auch wird der Papst am Sonntag palästinensische Flüchtlinge treffen. Der palästinensische
Botschafter beim Heiligen Stuhl gibt weiter seiner Überzeugung Ausdruck, dass sich
Franziskus in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gemeinschaft um eine gute Lösung
für die Heiligen Stätten in Jerusalem bemühen werde.
Im Vorfeld der Papstreise
hatte die israelische Tageszeitung „Haaretz“ das Besuchsprogramm von Papst
Franziskus kritisiert. Jüdische und israelische Stätten würden darin nur „hastig und
zweitrangig“ berücksichtigt, heißt es in einem Meinungsbeitrag. Der Terminplan erinnere
an die aus israelischer Sicht enttäuschende Visite von Papst Paul VI. (1963-1978),
der bei seiner Heilig-Land-Reise 1964 Israel nicht namentlich genannt und die jüdisch-christlichen
Beziehungen kaum thematisiert habe. An den Besuch eines Papstes im Heiligen Land knüpften
sich angesichts des Nahost-Konflikts und einer wachsenden Verfolgung der christlichen
Minderheit große Erwartungen, schreibt das Blatt. Stattdessen mache der Vatikan aus
der Reise eine „relative banale Gedenkveranstaltung für ein Ereignis, das vor einem
halben Jahrhundert stattfand“. Der Kommentar bezieht sich damit auf die für Sonntag
geplante Begegnung zwischen Franziskus und dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios
I., die der Hauptanlass der Reise ist. Das Treffen erinnert an eine Versöhnungsgeste
zwischen Paul VI. und Athenagoras, die vor 50 Jahren eine Wende in den Beziehungen
der beiden Kirchen nach über 1.000-jähriger Spaltung einleitete.