Der Regen hat aufgehört
– wenigstens etwas. Aber vielerorts in Serbien herrscht immer noch Hochwasser. Es
war, es ist die schlimmste Naturkatastrophe auf dem Balkan seit 120 Jahren, die Zahl
der Toten liegt bei mindestens 23, die serbische Regierung hat von diesem Mittwoch
an drei Tage Staatstrauer angeordnet, sie kommt zum Ausnahmezustand hinzu. Mehr als
30.000 Menschen wurden durch die Fluten obdachlos. Am kritischsten bleibt die Lage
an der Sava: In der Hauptstadt Belgrad wird sie voraussichtlich am Freitag den höchsten
Pegelstand erreichen. Stanislav Hocevar ist katholischer Erzbischof von Belgrad und
gleichzeitig serbischer Caritas-Präsident. Er sagt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„An
der Sava sind Hunderttausende von Sandsäcken aufgestapelt worden, und alle hoffen,
dass die Dämme halten. Aber einige Ortschaften im Landesinnern sind wegen der Fluten
immer noch isoliert, wir hören, dass dort Krankheiten ausgebrochen sind. Es ist wirklich
schwierig, die Übersicht zu behalten, wo was gebraucht wird, und die Hilfen zu koordinieren.
Die Caritas hat in Sabac und Valjevo Lebensmittel und andere wichtige Güter ausgeteilt;
das werden wir bald auch in Obrenovac tun, einer Ortschaft, die am schlimmsten getroffen
wurde und wo der Wasserpegel nur langsam sinkt. Die Lage in den Notunterkünften ist
noch völlig chaotisch; Zehntausende von Menschen mussten evakuiert werden, Tausende
von Häusern sind zerstört, Tausende weitere stehen noch unter Wasser. Es ist im Moment
noch völlig unmöglich, eine erste Schätzung zum Ausmaß der Schäden abzugeben. Die
Caritas Serbien ist zur Stelle! Wir sind zur Stelle und wollen helfen, brauchen dazu
aber auch Hilfe von außen: Lebensmittel und Desinfektionsmittel vor allem. Auch Tierfutter
– für Tiere auf Bauernhöfen, die nicht ertrunken sind...“
Im benachbarten
Bosnien spült das Hochwasser Anti-Personen-Minen hoch, üble Erinnerungen aus dem Bosnienkrieg
der neunziger Jahre. In den bosnischen Hügeln rutschen außerdem die Hänge ab, gemeldet
werden mehrere tausend Erdrutsche: ein apokalyptisches Szenario. Gleichzeitig kommt
es in dieser Region, die sonst meist nur durch Unfrieden und Konflikte von sich reden
macht, angesichts des Desasters zu überraschenden Szenen der Solidarität – sagt uns
der katholische Generalvikar des Kosovo, Lush Gjergji:
„Diese Fluten haben
sogar eine Solidarität zwischen den Nationen, zwischen den Staaten zustande gebracht!
Im Kosovo hat sich eine entsprechende Initiative gebildet, bei der auch die Caritas
mitmacht. Wir sehen, dass die Leute gut sind, sie haben ein Herz. Aber es wäre natürlich
besser, man bräuchte nicht erst ein Hochwasser oder Erdbeben, damit die Leute sich
untereinander helfen und denen, die leiden, nahe sind. Meine Hoffnung ist auch, dass
unsere Freunde im Ausland nicht nur jetzt in der ersten Phase der Not helfen, sondern
auch hinterher dranbleiben an der Lage in Bosnien, Serbien und bei uns. Wir hoffen,
dass uns das, was wir jetzt durchmachen, hilft, um die Brüderlichkeit, den ökumenischen,
den interreligiösen Dialog zu stärken!“