Die EU muss in der Lösung der Ukraine-Krise aktiver werden. Das sagte der ukrainische
Caritasbischof Stanislaw Szyrokoradiuk am Freitag gegenüber „Kathpress“. Die Unterstützung
aus Europa sei für die Ukraine „immens wichtig“, wobei die EU nicht bloß Verluste
auf materieller Ebene zu fürchten habe, sondern vor allem den Verlust des Friedens,
so der Bischof. Er war im April von Papst Franziskus zum Leiter der die gesamte Ostukraine
umfassenden Diözese des lateinischen Ritus mit Sitz in Charkiw betraut worden.
Im
Interview hob Szyrokoradiuk die gut funktionierende Ökumene in der Ukraine hervor.
Russland wünsche zwar ein instabiles Verhältnis zwischen den Kirchen des Landes und
stelle dies so dar, tatsächlich verlaufe deren Zusammenarbeit aber „sehr gut“ und
äußerst unproblematisch. Als Folge der enormen Preissteigerungen etwa für Gas und
Lebensmittel habe sich die soziale Lage in der Ukraine rasant verschlechtert, berichtete
Szyrokoradiuk. Die Caritas sei im Dauereinsatz für die am meisten Bedürftigen, wobei
derzeit besonders Medikamente, Lebensmittel, Kleidung und psychologische Hilfe benötigt
würden. „Wir brauchen jede Unterstützung“, so der Bischof, der zugleich für die bisherige
Hilfe aus dem Westen dankte.
Schwer enttäuscht zeigte sich der Bischof vom
ersten „Runden Tisch“ am Mittwoch in Kiew, bei dem er die römisch-katholische Kirche
vertreten hatte. Konflikte könnten hier seiner Einschätzung nach niemals gelöst werden,
hätten sich die teilnehmenden Politiker doch wie bei einem „Redewettbewerb“ verhalten.
„Zumindest gab es so die Möglichkeit, zu bestimmten Themen zu sprechen“, so Szyrokoradiuk,
der auch die Gelegenheit der Meinungsäußerung für die Kirchen hervorhob. Hoffnungen,
dass die in der Stadt Donezk geplante Fortsetzung des von Übergangspräsident Arsenij
Jazenjuk einberufenen Gesprächs der Konfliktparteien Ergebnisse bringe, habe er jedoch
nicht.
Während die Kirchen bei den Protesten auf dem Kiewer Maidan-Platz durch
ihre Präsenz und Friedensappelle wesentlich zu einem friedlichen Verlauf beigetragen
hätten, sei ihr Einfluss in den nunmehr umkämpften Regionen äußerst gering, erklärte
der Bischof. In der überwiegend atheistisch geprägten Ostukraine sei die Kriminalität
besonders hoch und das Sagen hätten allein Russland und Finanzoligarchen. Szyrokoradiuk:
„Die Stimme der Kirche - besonders der katholischen - bedeutet hier nichts“. Die weitere
politische Entwicklung in den Separatisten-Regionen Lugansk oder Donezk hänge vor
allem von Russland ab, wobei Vorhersagen derzeit kaum möglich seien.