2014-04-29 18:30:52

Menschenwürdige Arbeit: Erfolge im Bereich der Hausangestellten


RealAudioMP3 Mit der Globalisierung hat sich die Arbeit im nördlichen wie im südlichen Teil des Globus verändert. Zwischen Industrienationen Schwellenländern und der sog. „dritten Welt“ bestehen heute vielfältige Verkettungen von Arbeit, erklärt Hildegard Hagemann, die für die deutsche Kommission Justitia et Pax zu einer Konferenz zum Thema Arbeit nach Rom gereist ist. Das Treffen, das unter Schirmherrschaft des Päpstlichen Friedensrates steht, wurde von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und katholischen Nichtregierungsorganisationen organisiert und steht im Zeichen des Einsatzes für menschenwürdige Arbeit weltweit. Mit den neuen Arbeitszusammenhängen seien nicht nur besondere Herausforderungen, sondern auch besondere Verantwortlichkeiten verbunden, so die Entwicklungsreferentin im Interview mit Radio Vatikan:


Denn im Zuge unser globalisierten Welt haben wir Arbeitsbedingungen, die ähnlich werden in globalisierten Prozessen der Arbeitsteilung und die wir bearbeiten müssen. Wenn wir also sehen, dass Textilarbeiterinnen für unseren Markt in Bangladesch zu sehr schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten und wir die Waren abnehmen, dann heißt das, dass wir abhängig sind von der Arbeit anderer. Und da haben wir eine Verantwortung! Auf der anderen Seite sehen wir ja auch im Norden eine Zunahme der Informalisierung, der Prekarisierung der Arbeit durch Teilzeitarbeit – wenn etwa Menschen auch zwei, drei Jobs annehmen müssen.“


Hier braucht es Bewusstseinsbildung für eine globale Kultur menschenwürdiger Arbeit. Und es braucht verbindliche Gesetze zum Arbeitsschutz, die in den jeweiligen Ländern wirklich hochgehalten werden. Das ist freilich kein leichtes Unterfangen: Während die UNO die Welt gegen Kinderarbeit und Menschenhandel einschwören will, sind solche Phänomene in zu vielen Ländern noch traurige Realität, auch in Europa – etwa im Bereich der Prostitution. In einem Feld lässt sich aber in den letzten Jahren ein konkreter Erfolg verzeichnen, berichtet Hagemann, und zwar bei der Arbeit der Hausangestellten. Bei dieser Gruppe handelt es sich oft um Migrantinnen, die fernab ihrer Heimat in fremden Haushalten schuften und nicht selten ausgebeutet werden.

Denn die ganze Frage der Arbeit im Haus ist ein Sektor, der im informellen Bereich abläuft. Und wo wir jetzt seit 2011 tatsächlich eine Konvention zum Schutz von Hausangestellten haben. Und da können wir sehen, wie erfolgreich ein Prozess der Selbstorganisation von Hausangestellten weltweit war, wie erfolgreich die Vernetzungsarbeit, die Allianzbildung und Kooperation war. Da wurden Koalitionen von Hausangestelltenorganisationen mit Gewerkschaften und mit zivilgesellschaftlichen Organisationen geschaffen. Wir haben hier also ein kleines Erfolgsbeispiel für die Selbstorganisation von Betroffenen, die eigentlich sehr schwer zu organisieren sind, weil sie eben in Privathaushalten arbeiten. Die internationale Konvention muss zwar jetzt noch in nächster Zeit zur Ratifizierung in vielen Einzelländern geführt werden, aber ich würde sagen: das ist schon ein Erfolg der Bewusstseinsbildung, auch in reichen Gesellschaften, dass wir nicht auf Kosten der Arbeitskraft und der sozialen Belastung von Frauen unsere Haushalte pflegen lassen.“


Damit menschenwürdige Arbeit Realität werden kann, braucht es laut Hagemann also einen doppelten Ansatz:


„Ich glaube, wir brauchen gesetzliche Rahmenbedingungen, die den arbeitenden Menschen, die diskriminiert und bedroht werden, einen Schutz geben, also die internationale Gesetzgebung. Was wir aber auch brauchen, um den Menschen erst einmal die Möglichkeit zu geben zu formulieren, was sie denn für Bedürfnisse haben, ist das Recht, sich zu organisieren. Und, letzter Punkt, eine nachhaltige Entwicklung, eine Entwicklung, die nachhält, auch fortbesteht. Die kann meines Erachtens wirklich nur von unten geschehen, dass also die Leute, die betroffen sind, sich organisieren und ausdrücken können, welchen Bedarf sie haben.“


Also Hilfe zur Selbsthilfe, kurz gesagt, man muss die Leute selbst mit einbeziehen. Ganz ähnlich sieht Hagemann das übrigens auch beim Phänomen der steigenden Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Immerhin habe die Politik das Problem schon einmal als ein solches erkannt, so die Expertin. Dass aber alle Möglichkeiten schon ausgeschöpft wurden, um die Lage der jungen Leute zu verbessern, bezweifelt sie:


„Ich bin noch nicht so ganz überzeugt, dass wir den richtigen politischen Willen schon aufgebracht haben, um zu sagen: das ist unsere Hauptpriorität und wir lassen die Jugendlichen auch selbst sprechen und entwickeln mit ihnen dann etwas – da bin noch skeptisch. Wir brauchen natürlich Bildung, auf die Ausbildung für Jugendliche ist sehr viel Wert zu legen. Wir brauchen aber auch vor allem eine Anhörung der Jugendlichen selbst, insofern, als eben sehr spezifische Angebote gemacht werden müssen. Wir sehen auch schon einen Migrationsdrang – erstaunlicherweise auch von europäischen Ländern, die Kontakte haben zu ihren vormaligen Kolonien, das ist ein interessanter Prozess: Es gibt eben auch Migration von den reichen Ländern in die sprachverwandten Regionen der Welt. Und hier muss man auch wieder in internationaler Zusammenarbeit sehen: Wie werden Beschäftigungsprogramme auch aufgelegt in den Ländern, wo sowieso schon viele Jugendliche sind, und dann eventuell noch Menschen aus anderen Regionen herkommen?“


Als weitere Herausforderungen im Bereich der Arbeit nennt Hagemann den Klimawandel: Durch Naturkatastrophen und Umweltveränderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten global auch rasant die Arbeitsbedingungen vieler Völker, vor allem im Süden der Welt, verändert. Damit verbunden ist auch die Frage des Hungers und der Ernährungsunsicherheit, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent.

(rv 29.04.2014 pr)









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