Menschenwürdige Arbeit: Erfolge im Bereich der Hausangestellten
Mit der Globalisierung
hat sich die Arbeit im nördlichen wie im südlichen Teil des Globus verändert. Zwischen
Industrienationen Schwellenländern und der sog. „dritten Welt“ bestehen heute vielfältige
Verkettungen von Arbeit, erklärt Hildegard Hagemann, die für die deutsche Kommission
Justitia et Pax zu einer Konferenz zum Thema Arbeit nach Rom gereist ist. Das Treffen,
das unter Schirmherrschaft des Päpstlichen Friedensrates steht, wurde von der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) und katholischen Nichtregierungsorganisationen organisiert
und steht im Zeichen des Einsatzes für menschenwürdige Arbeit weltweit. Mit den neuen
Arbeitszusammenhängen seien nicht nur besondere Herausforderungen, sondern auch besondere
Verantwortlichkeiten verbunden, so die Entwicklungsreferentin im Interview mit Radio
Vatikan:
„Denn im Zuge unser globalisierten Welt haben wir Arbeitsbedingungen,
die ähnlich werden in globalisierten Prozessen der Arbeitsteilung und die wir bearbeiten
müssen. Wenn wir also sehen, dass Textilarbeiterinnen für unseren Markt in Bangladesch
zu sehr schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten und wir die Waren abnehmen, dann heißt
das, dass wir abhängig sind von der Arbeit anderer. Und da haben wir eine Verantwortung!
Auf der anderen Seite sehen wir ja auch im Norden eine Zunahme der Informalisierung,
der Prekarisierung der Arbeit durch Teilzeitarbeit – wenn etwa Menschen auch zwei,
drei Jobs annehmen müssen.“
Hier braucht es Bewusstseinsbildung für
eine globale Kultur menschenwürdiger Arbeit. Und es braucht verbindliche Gesetze zum
Arbeitsschutz, die in den jeweiligen Ländern wirklich hochgehalten werden. Das ist
freilich kein leichtes Unterfangen: Während die UNO die Welt gegen Kinderarbeit und
Menschenhandel einschwören will, sind solche Phänomene in zu vielen Ländern noch traurige
Realität, auch in Europa – etwa im Bereich der Prostitution. In einem Feld lässt sich
aber in den letzten Jahren ein konkreter Erfolg verzeichnen, berichtet Hagemann, und
zwar bei der Arbeit der Hausangestellten. Bei dieser Gruppe handelt es sich oft um
Migrantinnen, die fernab ihrer Heimat in fremden Haushalten schuften und nicht selten
ausgebeutet werden.
„Denn die ganze Frage der Arbeit im Haus ist ein Sektor,
der im informellen Bereich abläuft. Und wo wir jetzt seit 2011 tatsächlich eine Konvention
zum Schutz von Hausangestellten haben. Und da können wir sehen, wie erfolgreich ein
Prozess der Selbstorganisation von Hausangestellten weltweit war, wie erfolgreich
die Vernetzungsarbeit, die Allianzbildung und Kooperation war. Da wurden Koalitionen
von Hausangestelltenorganisationen mit Gewerkschaften und mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen geschaffen. Wir haben hier also ein kleines Erfolgsbeispiel für die
Selbstorganisation von Betroffenen, die eigentlich sehr schwer zu organisieren sind,
weil sie eben in Privathaushalten arbeiten. Die internationale Konvention muss zwar
jetzt noch in nächster Zeit zur Ratifizierung in vielen Einzelländern geführt werden,
aber ich würde sagen: das ist schon ein Erfolg der Bewusstseinsbildung, auch in reichen
Gesellschaften, dass wir nicht auf Kosten der Arbeitskraft und der sozialen Belastung
von Frauen unsere Haushalte pflegen lassen.“
Damit menschenwürdige
Arbeit Realität werden kann, braucht es laut Hagemann also einen doppelten Ansatz:
„Ich
glaube, wir brauchen gesetzliche Rahmenbedingungen, die den arbeitenden Menschen,
die diskriminiert und bedroht werden, einen Schutz geben, also die internationale
Gesetzgebung. Was wir aber auch brauchen, um den Menschen erst einmal die Möglichkeit
zu geben zu formulieren, was sie denn für Bedürfnisse haben, ist das Recht, sich zu
organisieren. Und, letzter Punkt, eine nachhaltige Entwicklung, eine Entwicklung,
die nachhält, auch fortbesteht. Die kann meines Erachtens wirklich nur von unten geschehen,
dass also die Leute, die betroffen sind, sich organisieren und ausdrücken können,
welchen Bedarf sie haben.“
Also Hilfe zur Selbsthilfe, kurz
gesagt, man muss die Leute selbst mit einbeziehen. Ganz ähnlich sieht Hagemann das
übrigens auch beim Phänomen der steigenden Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Immerhin
habe die Politik das Problem schon einmal als ein solches erkannt, so die Expertin.
Dass aber alle Möglichkeiten schon ausgeschöpft wurden, um die Lage der jungen Leute
zu verbessern, bezweifelt sie:
„Ich bin noch nicht so ganz überzeugt,
dass wir den richtigen politischen Willen schon aufgebracht haben, um zu sagen: das
ist unsere Hauptpriorität und wir lassen die Jugendlichen auch selbst sprechen und
entwickeln mit ihnen dann etwas – da bin noch skeptisch. Wir brauchen natürlich Bildung,
auf die Ausbildung für Jugendliche ist sehr viel Wert zu legen. Wir brauchen aber
auch vor allem eine Anhörung der Jugendlichen selbst, insofern, als
eben sehr spezifische Angebote gemacht werden müssen. Wir sehen auch schon einen Migrationsdrang
– erstaunlicherweise auch von europäischen Ländern, die Kontakte haben zu ihren vormaligen
Kolonien, das ist ein interessanter Prozess: Es gibt eben auch Migration
von den reichen Ländern in die sprachverwandten Regionen der Welt. Und hier muss man
auch wieder in internationaler Zusammenarbeit sehen: Wie werden Beschäftigungsprogramme
auch aufgelegt in den Ländern, wo sowieso schon viele Jugendliche sind, und dann eventuell
noch Menschen aus anderen Regionen herkommen?“
Als weitere Herausforderungen
im Bereich der Arbeit nennt Hagemann den Klimawandel: Durch Naturkatastrophen und
Umweltveränderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten global auch rasant die Arbeitsbedingungen
vieler Völker, vor allem im Süden der Welt, verändert. Damit verbunden ist
auch die Frage des Hungers und der Ernährungsunsicherheit, vor allem auf dem afrikanischen
Kontinent.