Johannes Paul II. gab „Antwort der Barmherzigkeit“
Papst Johannes Paul II. hat der Welt auf das unermesslich Böse, von dem das 20. Jahrhundert
so voll war, eine Antwort gegeben: Barmherzigkeit. Das betonte Kardinal Christoph
Schönborn in einem Interview in der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe). Noch
in einer seiner letzten Ansprachen habe der Papst gesagt: „Wo das Leben und die Würde
des Menschen nicht geachtet werden, ist die erbarmende Liebe Gottes nötig“, erinnerte
Schönborn. Mit seiner Heiligsprechung erkläre die Kirche einen Papst zum Vorbild,
der unbeugsam den "unfassbaren Wert jedes Menschen" verteidigt habe.
Sein
hartes Schicksal habe der Papst im Gebet durch seine innige Beziehung zu Gott gemeistert,
unterstrich Schönborn: Karol Wojtyla habe als Achtjähriger seine Mutter verloren,
mit zwölf den geliebten Bruder, als junger Mann den Vater. Er habe unter den Nazis
Zwangsarbeit verrichten müssen, habe heimlich unter Lebensgefahr Theologie studiert
und als Priester, Professor und Bischof die Feindseligkeit des kommunistischen Regimes
erlitten. Die Meisterung dieses Schicksals habe ihm eine unerhört kraftvolle Persönlichkeit
gegeben, „die ihn aber nicht verhärtet hat. Das hat man sofort gespürt“, so Schönborn.
Nachsatz: „Und es war sehr berührend, ihn im Gebet zu sehen.“
In der österreichischen
Kirchenkrise der 1980er und 1990er-Jahre seien die Besuche des Papstes „wichtige Momente
der Einheit, des Zusammenkommens“ gewesen, zeigte sich der Kardinal überzeugt. Zugleich
seien es auch Momente gewesen, wo die Kirche in Österreich die Einbettung in die globale
Weltkirche erfahren haben. Schönborn: „Das hat auch geholfen, manches zu relativieren,
besser auszuhalten.“ Es wäre jedenfalls auch eine Engführung, die damalige Kirchenkrise
als eine Krise der Bischofsernennungen unter Johannes Paul II. zu begreifen. Auch
von den heute amtierenden zehn Diözesanbischöfen in Österreich seien ja fast alle
noch von Johannes Paul II. zum Bischof ernannt worden.
Auf vermeintliche Entwicklungslinien
von Johannes Paul II. bis Franziskus angesprochen, meinte Schönborn wörtlich: „Von
Johannes XXIII. an sehen wir, wie die Päpste - jeder auf seine Art - an einer barmherzigeren,
demütigeren Kirche arbeiten, die im heutigen Konzert der Religionen nicht aufgrund
ihrer Macht, sondern wegen ihrer Botschaft und ihrer Wahrhaftigkeit gehört wird.“
Franziskus stehe in dieser Tradition, freilich mit seinen ganz eigenen Akzenten. „Und
mit demselben Talent wie Johannes XXIII. und Johannes Paul II., Zeichen zu setzen
und den direkten Zugang zu den Menschen zu finden“, so Schönborn.