Bosnien-Herzegowina: Franziskaner warten gelassen auf Entscheidung über Medjugorje
Gelassen sehen die
Franziskaner von Medjugorje den Ergebnissen der offiziellen vatikanischen Untersuchung
zu den angeblichen Marienerscheinungen im Wallfahrtsort in Bosnien-Herzegowina entgegen.
Wie Pater Marinko Sakota, Pfarrer von Medjugorje, vor Ort im Gespräch „Kathpress"
und weiteren österreichischen Journalisten sagte, hoffe er auf eine Entscheidung in
Rom, Medjugorje zu einer Art „offizieller Gebetsstätte" zu ernennen. Die zuständige
bosnisch-herzegowinische Bischofskonferenz hatte sich 1991 in Leitlinien zurückhaltend
zu dem Phänomen geäußert und offizielle Wallfahrten nach Medjugorje untersagt.
Eine
von Kardinalvikar Camillo Ruini geleitete Untersuchungskommission hat im Jänner diesen
Jahres ihre dreijährigen Arbeiten abgeschlossen. Die Kommission sollte im Auftrag
der Glaubenskongregation die Vorgänge in und um Medjugorje überprüfen. Dabei ging
es in erster Linie nicht um die Marienerscheinungen selbst, sondern vielmehr um den
Pilgerbetrieb und das geistliche Leben an dem Ort. Eine Entscheidung dazu trifft der
Papst, was vermutlich aber noch einige Zeit dauern dürfte.
Die Marienerscheinungen
in Medjugorje sollen am 24. Juni 1981 begonnen haben. Sechs Kinder berichteten damals,
die Gottesmutter habe sich ihnen gezeigt, während sie Schafe hüteten. Die Erscheinungen
dauern nach Angaben der inzwischen erwachsenen und an unterschiedlichen Orten lebenden
Seherinnen und Seher mit großer Häufigkeit weiter an. Drei der Seherinnen und Seher
sollen noch täglich Erscheinungen haben, die anderen drei fallweise. Mit einer offiziellen
Äußerung des Vatikan zu einer möglichen Echtheit der Privatoffenbarungen ist nicht
zu rechnen, solange diese noch andauern. Pater Marinko zu den vermeintlichen Erscheinungen:
„Erscheinungen kann man nicht anerkennen. Man kann nur daran glauben."
Wie
Pater Marinko sagte, würden die Botschaften der Gottesmutter keine neuen kirchlichen
Lehren beinhalten. Die „Gospa" rufe lediglich die kirchlich-christliche Botschaft
in Erinnerung und ermutige vor allem zum Gebet, zum Fasten und zur Beichte. „Medjugorje
ist vor allem eine Schule, wie man zum Frieden kommt. Zum Frieden in und mit sich
selbst, mit anderen und in der ganzen Welt", so der Pater.
Für Aufsehen hatte
im vergangenen November eine Äußerung von Papst Franziskus bei der täglichen Frühmesse
gesorgt: „Die Madonna ist eine Mutter, die uns alle liebt, und keine Oberpostbeamtin,
die uns täglich Botschaften schickt." Diese Bemerkung wurde umgehend als Stellungnahme
gegen die Marienerscheinungen in Medjugorje interpretiert. Der Papst hatte Medjugorje
freilich nicht direkt angesprochen.
Pilger- und Tourismusboom
Medjugorje
ist eine wirtschaftliche Enklave im krisengeschüttelten Bosnien-Herzegowina. Dank
des Pilgeransturms gibt es so gut wie keine Arbeitslosigkeit, nach wie vor werden
Hotels und Apartments gebaut. Wie viele Pilger jedes Jahr nach Medjugorje kommen,
konnte der Pfarrer nicht genau beantworten. 2013 habe man aber auf jeden Fall 1.870.000
Hostien benötigt, so Pater Marinko.
Die Pfarre selbst wurde 1892 gegründet.
In den 1930er-Jahren musste die damalige baufällige Kirche abgerissen werden und eine
neue große Kirche wurde für die damals rund 5.600 Einwohner errichtet. Als im Jahr
1981 die vermeintlichen Marienerscheidungen begannen, hatte Medjugorje nur mehr halb
so viele Einwohner, die Kirche wirkte für den kleinen Ort überdimensioniert, was sich
dank der Pilger aber bald ändern sollte. Heute hat der Ort wieder so viele Einwohner
wie in den 1930er-Jahren. Im Bosnienkrieg (1992-95) war Medjugorje dank massiver kroatischer
Militärpräsenz von Kampfhandlungen fast gänzlich verschont geblieben.
Der Wirtschafts-
und Tourismusboom dürfe aber nicht die religiöse Botschaft von Medjugorje überdecken,
stellte der Pater klar. Die Franziskaner betreuten seit jeher die Pfarre und sind
auch für das Pilgerwesen verantwortlich. In der Herzegowina sind die Franziskaner
überhaupt seit 400 Jahren tätig.
Medjugorje habe sich immer gegen vielfältigen
Widerstand behaupten müssen, so der Franziskanerpater. Sei es das kommunistische Regime
in den 1980er-Jahren gewesen oder auch die Amtskirche. Das Verhältnis zur Diözese
Mostar war oftmals getrübt. Auch der jetzige Bischof Ratko Peric glaubt nicht an die
Echtheit der Erscheinungen, wie Pater Marinko bestätigte. Das sei freilich auch das
gute Recht des Bischofs. Das Verhältnis von Medjugorje zur Diözese bezeichnete der
Pfarrer derzeit als gut.