Geht es in Griechenland
allmählich wieder aufwärts? Athen konnte nach langer Unterbrechung wieder eine Anleihe
am internationalen Kapitalmarkt platzieren, und Angela Merkel sprach in einem vollkommen
abgeriegelten Regierungsviertel von Athen einige aufmunternde Worte. Aber die Krise
ist natürlich nicht plötzlich weg – sagt der katholische Erzbischof von Athen, Nicolaos
Foscolos, im Interview mit Radio Vatikan.
„Nun, für die Leute geht das Leben
hier leider weiter wie vorher, das hat sich nicht irgendwie geändert. Eine kleine
Hoffnung gibt es allerdings, und zwar ist die Arbeitslosenquote seit Jahresende 2013
leicht gesunken, von 27 bis 28 Prozent auf derzeit 26 Prozent. Allerdings muss man
sich dabei vor Augen halten, dass sie bei Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren immer
noch bei sechzig Prozent liegt! Das Leben wird hier seit vier Jahren leider immer
nur schlechter, die Leute sind vollkommen verzweifelt. Und dann die Steuern: Wir als
Kirche zahlen jetzt Steuern. Neben einer außerordentlichen Abgabe für unsere Immobilien
sind das über 44 Prozent auf alle Mieteinnahmen. Man kann also gar nicht mehr leben!“
Dass
griechische Anleihen bei internationalen Anlegern Gnade gefunden haben, weiß sich
der Erzbischof nicht ganz zu deuten. Er findet, das könnte auch ein Wahlkampf-Schachzug
der Regierung sein, rechtzeitig vor den Europawahlen vom 25. Mai.
„Die Politiker
sind doch überall gleich, wissen Sie: Die sagen immer, dass sie zum Wohl des Landes
arbeiten, aber in Wirklichkeit arbeiten sie für die eigene Tasche. Seit fast vierzig
Jahren geht es doch mit Griechenland schon abwärts: Alles Geld, das aus dem vereinten
Europa kam, wurde verschleudert, die Politiker und Führungskräfte haben sich bereichert,
und die Angestellten und Rentner sind verarmt. Und so viele Griechen leben, als ob
es Recht und Gesetz gar nicht gäbe. Die einfachen Leute hingegen – und das ist bei
weitem die Mehrheit der Griechen – haben gar nichts mehr zum Leben, vor allem die
alten Leute; denn mit fünf- oder sechshundert Euro im Monat kann man nicht leben.“
Der
Augenschein sagt dem Erzbischof: Es gibt immer mehr Arme, nicht nur in Athen.
„Die
Realität ist, dass ein guter Teil der Griechen mittlerweile nicht mehr weiß, wo er
etwas zu essen bekommen kann. Die stehen zum Beispiel bei den Mutter-Teresa-Schwestern
Schlange. Es ist erst ein paar Jahre her, da gab es Lebensmittelausgaben nur an Flüchtlinge,
vor allem aus Asien. Mittlerweile gehen da auch viele Griechen hin, auch zur Caritas.“
Trotz
der Härten des Alltags sieht Foscolos aber auch viel Solidarität unter den Griechen.
Auf die Initiative eines großen Fernsehsenders ließen Spender in Supermärkten Essenshilfen
für Bedürftige, das habe großen Erfolg. Und in so gut wie jeder orthodoxen Pfarrei
sei inzwischen eine Mensa für die Armen aktiv.
„Vor allem muss ich sagen,
dass die orthodoxe Kirche Lebensmittel unabhängig von der Religion des Bedürftigen
ausgibt. Auch wenn einer katholisch oder Muslim ist, bekommt er etwas zu essen von
ihnen, da gibt es keine Diskriminierung.“