Kirchenhistoriker Wolf hofft auf Archivöffnung zu Pius XII.
Der deutsche Kirchenhistoriker
Hubert Wolf hofft, dass Papst Franziskus die Vatikan-Archive zum Pontifikat von Pius
XII. und zum Zweiten Weltkrieg für die Forschung öffnen wird. Das sagte er der österreichischen
Nachrichtenagentur kathpress. Wissenschaftler wie er, die auf Akten- und Archivbestände
des Vatikan angewiesen sind, blickten mit etwas Unruhe auf den neuen Papst: Er sei
für Wissenschaftler wie ihn ein „Unsicherheitsfaktor“, so Wolf. „Für Johannes Paul
II. und Benedikt XVI. war die Öffnung der Archive dieser Zeit im Blick vor allem auf
die Frage des Holocausts und des Krieges prioritär. Sie gehörten einer Generation
an, die von dieser Zeit lebensgeschichtlich betroffen war.“ Entsprechend sei ihnen
die Archivöffnung ein persönliches Anliegen gewesen. Franziskus bringe nun andere
Themen und andere Interessen mit. Ob die Archivöffnung daher kommt, stehe noch in
den Sternen: „Das hat für Franziskus keine Priorität.“
Die Sorgen eines
Kirchenhistorikers
Allerdings hat Franziskus dem Vernehmen nach mit
seinem Freund, dem argentinischen Rabbiner Abraham Skorka, vor Kurzem über eine mögliche
Archivöffnung gesprochen. Doch wird sich das bald ins Konkrete übersetzen? Wolf betont,
es gehe ihm nicht darum, eine Art „Kriminalgeschichte“ des Christentums aus wissenschaftlicher
Sicht zu schreiben oder zu bedienen, sondern darum, der Kirche zu einem „wahrhaftigen
Umgang mit ihrer Vergangenheit“ zu verhelfen. Darin liege schließlich die „aufklärerische
Arbeit“ der Kirchengeschichte – „dass sie ohne Wenn und Aber die Dinge auf den Tisch
legt“.
Der Historiker räumt mit der Mär eines zensierten vatikanischen Archivwesens
auf: „Es gibt dort keine Zensur“, sagt er. „Wenn etwas erst einmal geöffnet ist, wird
es nicht im Nachhinein wieder in Teilen geschlossen.“ Die große Unbekannte im vatikanischen
Archivwesen sei dabei die Größe des Archivs, die eine Archivierung und digitale Erfassung,
wie man sie etwa aus dem deutschen oder österreichischen Staatsarchiv kenne, unmöglich
mache. „Es ist so, als würde man Troja ausgraben: Man hat eine Ahnung, dass da irgendwo
was sein muss, mehr nicht...“