Weisheit ist Sehen
mit Gottes Augen – im Zentrum der Generalaudienz des Papstes standen an diesem Mittwoch
die „Gaben des Heiligen Geistes“: Weisheit, Verstand, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit
und Gottesfurcht. Im ersten Teil seiner neuen Katechesenreihe ging Franziskus vor
rund 5.000 Pilgern auf die erste dieser Gaben, die Weisheit, ein. Dabei gehe es nicht
um menschliche Weisheit als Ergebnis von „Wissen und Erfahrung“, betonte der Papst.
Echte Weisheit dürfe auch nicht von persönlichen Ansichten und Stimmungen abhängig
sein, fuhr er fort:
„Manchmal sehen wir die Dinge je nach unserem Vergnügen
oder der Situation unseres Herzens, mit Liebe und mit Hass, mit Neid… Nein, das ist
nicht Gottes Auge. Weisheit ist das, was der Heilige Geist in uns bewirkt, damit wir
alle Dinge mit den Augen Gottes sehen. Das ist die Gabe der Weisheit.“
Mit Besserwisserei, Ungeduld oder Streitsucht habe echte freilich Weisheit
auch nichts zu tun, präzisierte der Papst weiter. Es gehe nicht darum, immer das letzte
Wort haben, seine Kinder tadeln oder seinen Partner anzugreifen zu müssen. Weisheit
habe vielmehr mit Milde, Geduld und Friedlichkeit zu tun, mit eben jenem Blick der
Liebe, den Gott für uns hat. Dies sei nichts, was man lernen könne, es sei ein „Geschenk
des Heiligen Geistes“:
„Es ist eine Gabe Gottes für jene, die sich vom
Heiligen Geist lenken lassen. Wir haben in uns, in unserem Herzen, den Heiligen Geist.
Wir können ihm zuhören oder ihm nicht zuhören. Wenn wir auf ihn hören, lehrt er uns
diesen Weg der Weisheit, schenkt uns die Weisheit, mit Gottes Augen zu sehen, mit
Gottes Ohren zu hören, mit Gottes Herz zu lieben, die Dinge mit Gottes Urteil zu bewerten.
Das ist die Weisheit, die uns der Heilige Geist schenkt, und wir können sie alle empfangen.
Wir müssen darum nur den Heiligen Geist bitten.“
Um diese Gabe
zu erhalten, brauche es ein inniges Verhältnis zu Gott, erinnerte der Papst. Der Heilige
Geist sei dabei die „Seele“, die „Lebenskraft“ der Kirche und jedes einzelnen Christen.
Papst segnet Flüchtlingskreuz
Nach der Generalaudienz
segnete der Papst ein zwei Meter hohes und 80 Zentimeter breites Kreuz, das aus dem
Holz von Flüchtlingsbooten in Lampedusa gezimmert worden war. Von Rom aus soll es
über mehrere Stationen nach Mailand gebracht werden. Gefertigt wurde das Mahnkreuz
vom Zimmermann der kleinen Insel Lampedusa. Zu der Initiative angestoßen hatte eine
Mailänder Stiftung, die sozial Benachteiligte fördert. Franziskus hatte Lampedusa
im vergangenen Juli besucht und eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ angesichts
des Flüchtlingselends angeprangert. Die Zahl von Bootsflüchtlingen vor der italienischen
Küste nahm unterdessen in den vergangenen Tagen stark zu. Allein in der Nacht auf
Mittwoch barg die italienische Marine 1.049 Menschen aus Nordafrika, die vor der Küste
Siziliens auf drei Booten in Seenot geraten waren.