D: „Bestürzung und Fassungslosigkeit“ über Missbrauch
Der ehemalige Limburger Generalvikar, Franz Kaspar, zeigt sich bestürzt über die Missbrauchsfälle
im Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen. Kaspar war von 1970 bis 2006 Leiter
der Behinderteneinrichtung. „Ich teile die Bestürzung und Fassungslosigkeit all derjenigen,
denen im Sankt Vincenzstift Aulhausen Leid zugefügt wurde und denen Unrecht geschehen
ist. Das tut mir unendlich leid und dafür bitte ich um Entschuldigung“, so der ehemalige
Generalvikar in einem Schreiben, das am Dienstag veröffentlicht wurde. Es bezieht
sich auf einen in der vergangenen Woche veröffentlichten Untersuchungsbericht. Darin
steht, dass es auch nach 1970, und damit in Kaspars Amtszeit, im Vincenzstift sowie
in der benachbarten katholischen Jugendhilfe Marienhausen Fälle von Gewalt und von
Missbrauch gegeben hat. Insgesamt waren sieben Meldungen von ehemaligen Hausbewohnern
eingegangen. Sie berichteten über körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt.
Gewalt- und Missbrauchsvorfälle in der Zeit von 1945 bis 1970 hatte bereits eine im
vergangenen September von dem Stift veröffentlichte Studie belegt.
Er selbst
habe bei seinem Amtsantritt neue Regelungen erlassen, die „jede Form von Übergriffen
und Verletzungen physischer und psychischer Art“ verboten, gab Kaspar an. Dass sich
im Rahmen einer Telefonerhebung nun mehrere Personen gemeldet haben, die missbraucht
und misshandelt wurden, mache ihn „tief betroffen“, betonte er. Nach Ansicht der Anruferinnen
und Anrufer habe Kaspar damals auf Informationen über derartige Vorfälle nicht angemessen
reagiert, gab die Leiterin der Telefonerhebung, Annerose Siebert, Aussagen der Anrufer
wieder. In der Studie zu Gewalt- und Missbrauchsvorfällen im Vincenzstift in der Zeit
von 1945 bis 1970 war insbesondere Kaspars Vorgänger als Stiftungsdirektor, Rudolf
Müller, als einer der Täter stark belastet worden. Der Geistliche hatte das Heim von
1958 bis zu seinem Suizid im Jahr 1970 geführt.
In seinem am Dienstag veröffentlichten
Schreiben äußert Kaspar auch sein „tiefes Bedauern“ über die Krise im Bistum Limburg.
Er hoffe, dass es zu einem „guten und erfolgreichen Neuanfang“ komme. Es war das erste
Mal, dass sich der ehemalige Generalvikar seit dem Rücktritt Bischofs Franz-Peter
Tebartz-van Elst zu Wort meldete.