Wer kennt die beiden
nicht: Don Camillo und Peppone, der Dorfpfarrer und der Bürgermeister. Die beiden
Figuren sind noch heute, 66 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Films, sehr beliebt.
Doch in diesen Geschichten steckt sehr viel mehr als die Komik, die einem als erstes
auffällt. Darum hat das Büro für den Katechismus der Diözese Rom zu diesem Thema ein
Treffen veranstaltet. Das Bistum von Papst Franziskus will sich von Don Camillo inspirieren
lassen.
Er verprügelt Kommunisten, wirft mit Tischen um sich, betrügt, wo
er nur kann – und ist doch ein katholischer Priester. In einer kleinen italienischen
Stadt lebt Don Camillo mit dem kommunistischen Bürgermeister Peppone im ewigen Streit.
Beide gönnen sich nichts. Die Geschichten aus der Feder von Giovannino Guareschi sind
allseits bekannt. Der Leiter des Katechismus-Büros im Bistum Rom, Mons. Andrea Lonardo,
ist davon überzeugt, dass man in diesen Geschichten auch Material für Predigten in
Gottesdiensten finden kann.
„Papst Franziskus spricht ja in Evangelii Gaudium
davon, dass die Bibel auf das Leben abfärben soll. Die Bibel muss die Geschichten
des Lebens verkörpern. Nicht die Nachrichten aus der Politik, aber die Geschichten,
die immer passieren. Also haben wir den Vorschlag gemacht, bei den Katechesen nicht
nur auf die Bibel zu schauen, sondern auch die Geschichten von Don Camillo und Peppone
als Beispiel für das gelebte Evangelium mit einzubeziehen.“
So wurden letztes
Jahr schon die „Chroniken von Narnia“ zu diesem Zweck unter die Lupe genommen. Es
sei wichtig, dass das Evangelium in solchen Geschichten wirklich Fleisch und Blut
annimmt, sagt der Monsignore. Und er erinnert an eine Meditation Johannes Pauls II.
Dieser habe im „Römischen Tryptichon“, einem kleinen Gedichte- und Meditationszyklus,
über die Fresken Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle nachgedacht – und dabei
ein sehr treffendes Bild benutzt.
„Man hat die Genesis erst in dem Moment
richtig verstanden, in dem Michelangelo Gott den Finger des Adam berühren lässt. (...)
Und wenn man die Liebe Don Camillos zu dem Gekreuzigten oder zur Familie sieht, kann
man das als gelebtes Evangelium verstehen. Deswegen soll man nicht nur auf die Bibel
schauen.“
Zudem seien die Geschichten von Don Camillo und Peppone heute
noch immer aktuell; sie fänden ja auch weiterhin sehr viele Liebhaber. Ihm steht da
etwa eine Szene vor Augen, in der die kleine Stadt überflutet ist. Don Camillo steht
bis zu den Hüften im dreckigen Wasser. Er ist allein in der Kirche. Die Menschen sind
geflohen. Um ihn herum schwimmen die Kirchenbänke. Da beginnt Don Camillo zu beten.
Das Besondere an dieser Szene sei, dass Don Camillo am Ende die Bürger des Städtchens
dazu aufrufe, den Glauben nicht zu verlieren. Wenn man den Glauben nicht bewahre,
dann könne auch nichts wieder aufgebaut werden. Solche Geschichten berührten das
Herz der Menschen. Und gerade das sei das Wichtigste. Das sei es auch, was die Geschichten
rund um Don Camillo bis heute aktuell sein lasse, so Mons. Lonardo.
„Nach
sechzig Jahren schauen sich ja immer noch Menschen in Deutschland und in anderen Ländern
diese Filme an. Sie reden von einem Klassiker! Klassiker sind Bücher, die über der
Zeit stehen. Wir schauen uns ja heute auch Filme, an die modern sind, aber viele dieser
modernen Filme folgen eben nur einer Mode, ohne dass sie aber wirklich aktuell wären.“
Auch Papst Johannes XXIII. wurde auf den Autoren der Geschichte, Giovannino
Guareschi, aufmerksam. Der Papst erkannte, dass in den Geschichten mehr steckt, als
man beim ersten Lesen denken könnte. Johannes fragte den Schriftsteller tatsächlich,
ob er nicht einen Katechismus verfassen könne.
„Das war 1958 kurz nach der
Papstwahl. Aber Guareschi hat davon Abstand genommen. Er sah sich nicht in der Lage,
daran mitzuschreiben. Es ging Papst Johannes auch nicht darum, den Katechismus zu
ändern. Es sollten nur Bilder eingefügt werden, die zeigen sollten, wie aktuell der
Glaube ist. Johannes XXIII. war davon überzeugt, dass man die Bibel, das Glaubensbekenntnis
oder die Sakramente in Bildern vermitteln musste - und das war es ja auch, was Guareschi
getan hat.“
Guareschi beginne seine Geschichten oft mit der Formel „Don
Camillo sagte“, „Don Camillo erzählte“. Das ähnele den Gleichnissen in der Bibel.
Der Papst und Guareschi seinen in vielen Punkten im Einklang gewesen, bei denen es
um die Präsentation des Glaubens ging. Das sei auch mit Blick auf das spätere Konzil
sehr interessant. Die Figur des Don Camillos sei trotz des Alters nicht altmodisch,
findet der Katechismus-Experte des Bistums Rom. Don Camillo sei ein überzeugter Priester,
auch wenn er sich gerne mit seinem Freund und Feind Peppone prügele. Eine Schlüsselszene
in dieser komplizierten Beziehung sei die Abfahrt Peppones nach Rom, nachdem dieser
zum Abgeordneten gewählt wurde. Dom Camillo steht allein am Bahnhof und beginnt Peppone
ins Gewissen zu reden. Es sind nicht zwei Feinde, die den Bahnhof schließlich verlassen:
Zwei Freunde gehen wieder zurück in ihr Dorf. Und das sei die zentrale Aussage von
Guareschi. Das mache den Film und die Figur des Don Camillo auch nach all den Jahren
so aktuell und greifbar.
„Guareschi möchte damit sagen, das die christliche
Identität nicht zum Hass führen kann. Eine Person, die aus tiefster Seele Christ ist,
respektiert auch die Anderen. Das ist das Paradoxe. Es gibt diese moderne Pseudotoleranz:
Dafür braucht man keine Ideen, und alles ist eine Mischung. Um Neues, Großartiges
vorzuzeigen, muss man zuerst einmal etwas leisten, und das ist zum Bespiel die Hilfe
oder die Liebe, und so kann man zusammen alles durchstehen.“
So zeigt sich
schließlich, dass zwischen dem rauen Priester und dem kommunistischen Bürgermeister
doch nicht nur die Fäuste fliegen. Beide sind auch ein Beispiel für die christliche
Nächstenliebe und Toleranz. Fazit des römischen Monsignore: Diese Geschichten verdienen
es, in den Katechesen bedacht zu werden und nicht nur als Unterhaltung zu gelten.