2014-03-25 14:08:19

Ägypten: Rekordverurteilungen werden noch mehr Gewalt schüren


RealAudioMP3 Bei einem Massenprozess in Kairo sind am Montag 529 Islamisten zum Tode verurteilt worden. Ihnen wird die Teilnahme an gewalttätigen Protesten im Sommer 2013 sowie Mord vorgeworfen. Sie hatten damals gegen die Entmachtung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi demonstriert.

Das noch nicht rechtskräftige Urteil gegen die Anhänger der Muslimbruderschaft beschreibt Max Klingenberg, Ägyptenreferent der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte", in einem Interview mit dem Kölner Domradio als ein außerordentlich hartes und rasches Urteil.

„Der Prozess ist erst am Samstag eröffnet worden - und schon am Montag 529 Todesurteile! Die Reaktionen gehen von ungläubigem Staunen bis zu Zorn und Wut. Zuerst glaube ich: Das bedeutet ein Desaster für die ägyptische Justiz, von der man, zumindest in Teilen, gehofft hatte, sie wäre weitgehend intakt, noch. Weniger korrumpiert als übrige Institutionen des Staates, die unter Mubarak vereinnahmt worden sind, aber dieses Urteil ist eine Katastrophe für die Justiz und für ganz Ägypten.“

Weiters gibt der Experte bekannt, dass den über 1.000 Angeklagten unter anderen ein einziger Mord vorgeworfen werde, aber nicht die gleichzeitigen Angriffe auf über sechzig Kirchen. Seiner Meinung nach werden diese Todesurteile erneut für Gewaltausbrüche und Proteste sorgen.

„In unseren Augen hat die Muslimbruderschaft spätestens in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres wirklich bewiesen, dass sie eine terroristische Vereinigung ist. Sie hat wahllos Kritiker, aber auch einfach Unbeteiligte umgebracht - mit Bombenanschlägen, mit Morden auf offener Straße, um ihren Zorn auszudrücken gegen den Machtverlust des damaligen Präsidenten Mursi und um das Land nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Das hatte die Führung der Muslimbruderschaft damals angekündigt, und das Fußvolk der Muslimbrüder hatte das dann tatsächlich durchgezogen.“

Das Urteil ist vom Gericht schon weitergeleitet worden an den Großmufti, der alle Todesurteile abzeichnen muss. Dieser – Ali Guma – sei im Augenblick ein sehr liberaler Mann. Das Todesurteil werde sicher angefochten werden und dann auch gleich fallen, glaubt der Experte.

„Das wird erneute Proteste und erneute Gewalt nach sich ziehen; dabei muss man im Auge behalten, dass Ägypten nicht zur Ruhe gekommen ist. Nach der Entmachtung Mursis ist es zu spektakulärer Gewalt gekommen - Brände, Kirchen, niedergebrannte Häuser. Seither ist es so, dass es fast täglich zu gewaltsamen Demonstrationen von Anhänger der Muslimbruder kommt. Ruhe ist also noch nicht eingekehrt. Was jetzt folgen wird, lässt sich noch nicht sagen, aber mit Sicherheit wird es mehr Gewalt sein.“

(domradio 25.3.2014 no)







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