Das Wesen der Kirche
war das Thema der zweiten Fastenpredigt im Vatikan. Geleitet vom Päpstlichen Hausprediger
P. Raniero Cantalamessa, war an diesem Freitagmittag auch der Papst in der Kapelle
Redemptoris Mater dabei. Cantalamessa nahm den Kirchenvater Augustinus als Ausgangspunkt
seiner Überlegungen:
„Die Zugehörigkeit zur Kirche beinhaltet zwei Dinge,
die aber miteinander verbunden sind: einerseits die sichtbare Gemeinschaft durch die
Sakramente und andererseits die unsichtbare Gemeinschaft durch die Gnade. Gemäß Augustinus
gibt es hier aber verschiedene Tugendgrade.“
Der Bischof von Hippo habe
durch seine Schriften und Lehren ein „komplexes und gleichzeitig detailliertes Kirchenbild“
hinterlassen, so Cantalamessa. Diese Verflochtenheit habe zu den großen Schismen im
Christentum geführt. Doch Augustinus selber habe betont, dass in der katholischen
Kirche auch etwas Nicht-Katholisches existieren könne, so wie auch außerhalb der katholischen
Kirche etwas Katholisches sein könne.
„Und so merken wir, dass ein alter
Kirchenvater wie Augustinus heute aktueller denn je ist, indem er die Hürden der Jahrhunderte
überwindet. Wir müssen also heute den Mut haben, uns von der spirituellen Gemeinschaft
der Güte hin zur Einheit der Gemeinschaft in den Sakramenten zu bewegen - und das
bedeutet vor allem die Einheit in der Eucharistie!“
Aber auch innerhalb
der katholischen Kirche gibt es Hürden, die die Gläubigen überwinden sollten, so der
Päpstliche Hausprediger - und zwar, indem sie sich bewußt machten, dass „wir alle
Kirche sind“.
„Ich frage mich schon lange, wie ich mich als Katholik fühlen
soll, wenn ich weiß, dass es in meiner eigenen Kirche viele gibt, die sich für Gott
gar nicht interessieren oder schlimmer noch, die sogar gegen Gott sind - aber andererseits
weiß, dass es in anderen christlichen Konfessionen Leute gibt, die Gott lieben und
an seine Wahrheiten glauben. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Kirchen, die
auf der Welt verbrannt und zerstört werden, nicht angegriffen werden, weil sie katholisch
oder protestantisch sind, sondern vor allem weil es christliche Gotteshäuser sind.
Für die Nicht-Christen sind wir bereits alle dasselbe!“