Es wäre zum Lachen,
wenn es nicht so einen ernsten Hintergrund hätte: Das pakistanische Oberste Gericht
in Lahore hat den Berufungsprozess von Asia Bibi schon wieder verschoben. Diesmal,
weil einer der beiden Richter fehlte. Die pakistanische Christin, Mutter von fünf
Kindern, bleibt also bis auf weiteres in der Todeszelle. Dorthin ist sie 2009 geraten,
weil sie den islamischen Propheten Mohammed beleidigt haben soll – ein Verbrechen,
auf das in Pakistan laut Blasphemieparagraph die Todesstrafe steht. Wir sprachen darüber
mit Paul Bhatti, Präsident der pakistanischen Minderheiten-Allianz.
„Die
Hoffnungen bleiben auf jeden Fall bestehen, aber das ist schon eine kleine Enttäuschung,
denn jedes Mal, wenn der Prozess anberaumt wird, hofft man aufs neue, Gerechtigkeit
zu bekommen. Auch Asia Bibi selbst hofft darauf und ihre Familie, mit allen Unterstützern.
Also, eine kleine Enttäuschung, diese neuerliche Verschiebung. Hoffen wir eben darauf,
dass sich bald die Gerechtigkeit durchsetzt.“
Das hatte Shahbaz Bhatti,
der Bruder unseres Interviewpartners, auch gehofft. Immerhin war er Minister, der
einzige Christ auf einem solchen Posten. Doch dann wurde er 2011 von einem Islamisten
auf offener Straße erschossen. Genauso wie ein Gouverneur – ein Muslim übrigens –,
der sich ebenfalls für die verurteilte Christin eingesetzt hatte, weil er von ihrer
Unschuld überzeugt war. Diese beiden Toten stehen natürlich auch den Richtern in Lahore
als warnendes Beispiel vor Augen. Trotzdem kann sich Bhatti – Paul Bhatti – noch einen
Freispruch für Asia Bibi vorstellen:
„Das wäre sehr schön! Dann könnten
wir sagen, dass in Pakistan die Gerechtigkeit trotz allem Extremismus gesiegt hätte.
Das wäre eine positive Botschaft, die Botschaft eines toleranten Islam!“
Fragt
sich allerdings, ob Pakistans Fundamentalisten einen solchen Freispruch hinnehmen
würden. Sie setzen sich immerhin für die Einführung einer rigorosen Variante der Scharia
ein.
„Ja, aber ich glaube, dass es dazu nicht kommen wird. Wenn man sich
mal alle Wahlergebnisse in Pakistan genau anschaut, dann stellt man fest, dass die
religiösen Parteien, die für die Scharia sind, nie Sitze im Parlament gewonnen haben.
Das zeigt doch, dass die Menschen hier diese Art Gesetz nicht wollen.“
Christen
jedweder Couleur beten in diesen Tagen verstärkt für Asia Bibi – und um mutige Richter,
die sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen. In Pakistan und in vielen Teilen
der Welt sind Unterschriften für die inhaftierte Christin gesammelt worden. Hat das
etwas gebracht, Herr Bhatti?
„Ehrlich gesagt würde ich sagen: Nein. Es ist
etwas anderes, wenn man in einem demokratischen Umfeld wie etwa in Europa Unterschriften
sammelt, als wenn man das in Pakistan tut. Denn die Pakistaner, vor allem die Extremisten,
sehen das als eine Einmischung des Westens in ihre Angelegenheiten. Darum wird so
etwas negativ aufgenommen.“