2014-03-12 14:04:38

Ein Jahr Papst Franziskus – Stimmen aus Argentinien


Vor genau einem Jahr, am 13. März 2013, wurde Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Seitdem hat der erste Lateinamerikaner im höchsten Amt der katholischen Kirche die Welt mit seiner Offenheit, Spontaneität und seiner ungezwungenen Art überrascht. In seiner Heimatstadt Buenos Aires haben sich Victoria Eglau und Sandra Weiss vom Hilfswerk Adveniat umgehört: RealAudioMP3

„Franziskus hat frischen Wind in die Kirche gebracht, einen neuen Geist und auch neue Strukturen. Er hat das getan, was auch Papst Johannes XXIII. wollte: die Türen und Fenster der Kirche öffnen, damit Licht hereinkommt und der Staub der Jahrhunderte weggeblasen wird.“

Der das sagt, ist Adolfo Pérez Esquivel, Gründer der Menschenrechtsorganisation Dienst für Frieden und Gerechtigkeit Adveniat. Der Argentinier Pérez Esquivel, Träger des Friedensnobelpreises, ist nicht der einzige, der Papst Franziskus mit dem Reformer Johannes XXIII. vergleicht. Auch Reynaldo Zbrun, ein Pfarrer aus Palermo, Stadtteil von Buenos Aires, tut das. Welche Veränderungen sieht er im Vatikan?

„Eine neue Sprache: viel einfacher, knapper, auf den Punkt gebracht. Hier in Argentinien sprach Franziskus ja auch wie einer aus dem Volk. Und dann die Gesten: weniger Protokoll. Der Papst speist mit den Bischöfen, empfängt einfache Priester zum Gespräch. Er isoliert sich nicht in einem Palast.“

An der Fassade der Katholischen Kirche Nuestra Senora de Guadalupe in Palermo hängt ein großes Foto eines strahlenden Franziskus‘. Viele Argentinier finden, dass ihr Papst sich in Rom verändert habe, dass er glücklicher wirke als früher. Hugo Portillo, zwanzig, der bald ins Priesterseminar eintreten will:

„Franziskus weiß, dass er eine riesige Verantwortung trägt, aber er vertraut darauf, dass Gott und die Jungfrau Maria ihn begleiten, das macht ihn froh. Und er ist glücklich, weil er weiß, dass wir alle für ihn beten. Als wir ihn beim Weltjugendtag in Rio gesehen haben, wirkte er geradezu erleuchtet!“

Für Friedensnobelpreisträger Pérez Esquivel ist Franziskus, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, ein Hirte. Der argentinische Papst sehe die Kirche als Volk Gottes.

„In seinen Predigten geht es stets darum, dass die Kirche nah bei den Armen und Leidenden sein muss. Aber Franziskus predigt einen fröhlichen Glauben, er will, dass das Evangelium mit Freude gelebt wird. Besonders in den jungen Leuten hat der Papst Hoffnung geweckt.“

Unzählige Argentinier sind in Franziskus‘ erstem Jahr als Papst nach Rom gepilgert: Politiker, Gewerkschafter, katholische Geistliche, Vertreter anderer Religionen, Sportler und viele Gläubige aus den Gemeinden. Die große Mehrheit der Gesellschaft ist stolz auf ihren Papst. Graciela Marcó, eine Katholikin aus Buenos Aires:

„Seinetwegen sind Menschen zur Kirche zurückgekehrt, die sich zuvor abgewandt hatten. Nicht nur in Argentinien."

Die Katholische Kirche hat in Argentinien, seit Jorge Bergoglio Papst geworden ist, wieder an Gewicht gewonnen. José Maria Poirier, Direktor der katholischen Zeitschrift Criterio:

„Das neue Gewicht der Kirche in der Gesellschaft ist unbestreitbar. Politiker aller Couleur, vor allem der Regierung, registrieren aufmerksam, was die Kirche zu sagen hat. Die Entscheidungen in Argentiniens Kirche wiederum trifft der Papst. Die argentinischen Bischöfe folgen der Linie, die Franziskus vorgibt.“

Poirier erwartet unter Franziskus keine wesentlichen Reformen der katholischen Doktrin, wohl aber eine Anpassung der Kirchenpraxis an veränderte gesellschaftliche Realitäten. Die Einberufung einer außerordentlichen Familien-Synode für Oktober sei ein erster Schritt. Pfarrer Reynaldo Zbrun freut sich über den gewachsenen Einfluss der Weltkirche im Kardinals-Kollegium:

„Dass der Papst selber von Italienern abstammt, verleiht ihm mehr Autorität bei seinem Bemühen, die italienische Dominanz in der Kurie zu verringern. Die südliche Hemisphäre hat mehr Einfluss bekommen.“

Franziskus‘ größte Herausforderung? Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel:

„Zu den Quellen des Evangeliums zurückzukehren. Und: Transparenz zu schaffen. Die Kirche muss transparent sein – mit ihrem Licht und ihren Schatten.“

Ein Beitrag von Victoria Eglau und Sandra Weiss, Adveniat.

(pm 13.03.2014 ord)









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