2014-03-12 09:07:37

Ein Jahr Papst Franziskus: Der Petersplatz - das Epizentrum der Reform


Vor einem Jahr, am 13. März 2013, wurde aus Jorge Mario Bergoglio Papst Franziskus. Seitdem ist in der Kirche und vor allem hier in Rom vieles in Bewegung, der Papst will Reform, der Papst will ein missionarisches Christentum, der Papst will immer wieder aufbrechen, herausgehen, an die Peripherien gehen. Vom Petersplatz eine Betrachtung zum Jahrestag der Papstwahl von unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord. RealAudioMP3


Der Petersplatz, das „Epizentrum der Reform“ Papst Franziskus’. Wenn mittwochs oder sonntags hier Tausende Pilger, Besucher und Touristen herkommen, um den Papst zu sehen, zu hören und mit ihm zu beten, dann ist das jedes Mal eine ganz besondere Atmosphäre. Der Franziskus-Effekt, so beginnt man das zu nennen. Nach nur einem Jahr Pontifikat ist aber noch nicht ganz klar, was das genau ist, dieser Effekt.
Zuerst hat man versucht, ihn mit Zahlen zu fassen. Also lautete die Frage, ob die Kirchenaustrittszahlen zurück gegangen sind oder gar ob mehr Menschen sich für Glauben und Kirche interessieren. Aber so einfach ist es nicht. Zahlen sind nicht das Maß, diesen Papst zu messen.

Den wirklichen Franziskus-Effekt sieht man hier, auf dem Petersplatz. Es gibt wenige Menschen, die sich der Faszination einer Begegnung mit ihm entziehen können. Seine Worte, seine Art zu sprechen, vor allem aber seine Direktheit in Umarmung, Nähe, in Berührung und in Worten geht jeden an. Und dann sagt er Sätze wie „Wer bin ich zu richten“, oder eine verbeulte Kirche sei ihm lieber als eine, die Angst hat vor dem Schlamm der Straße.

Papst Franziskus steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Lebenserfahrung der Menschen. Nicht einer kleinen Gruppe, nicht der besonders kirchlichen, nicht derer, die Papsttreue für sich reklamieren. Wir alle fühlen uns von ihm angesprochen und getroffen, wenn er spricht.

Franziskus hat auch keine Angst, das „Mystik“ zu nennen: eine Mystik, die darin besteht „zusammen zu leben, uns unter die anderen zu mischen, einander zu begegnen, uns in den Armen zu halten, uns anzulehnen, teilzuhaben an dieser etwas chaotischen Menge, die sich in eine wahre Erfahrung von Brüderlichkeit verwandeln kann, in eine solidarische Karawane, in eine heilige Wallfahrt“ (Evangelii Gaudium 87). Das ist sehr körperlich und direkt, da gibt es keine geistlichen Sicherungen zwischen dem Glaubenden und Christus.

Der Jesus, von dem der Papst erzählt, ist sperrig. Er eckt links und rechts in unserem Leben und unserer Welt an. Die Wirtschaft, der Egoismus, die Bequemlichkeit, alles bekommt sein Fett weg. Aber es ist ein Jesus, der keinen moralischen Druck macht, der nicht richtet.

Der Papst zeigt das in seinen Gesten. Er wäscht jugendlichen Gefangenen die Füße, darunter einer Muslima, er umarmt kranke und in den Augen der meisten Menschen von Tumoren entstellte Menschen. Er spricht der großen Mehrheit der Menschen aus dem Herzen, wenn er beklagt, dass Bewegungen an der Börse Nachrichten sind, der Tod eines Menschen aber nicht.

Der Sekretär des Papstes – Alfred Xuereb – nennt ihn einen Missionar. Genau das ist er, ein moderner Missionar. Jemand, der versteht, in unserer Welt heute von Gott und Jesus Christus zu sprechen, so dass der Glaube interessant wird und etwas mit unserem eigenen Leben zu tun hat. Jeder, der den Papst sieht oder hört, versteht sofort, worum es dem Christentum geht. Er dreht die Botschaft Jesu, von einem defensiven „Du sollst nicht“ zu einem anstrengenden „Du sollst“. Wenn der Papst eine missionarische Kirche will, dann lässt das letztlich niemanden unberührt. Das kann man nicht einfach anschauen und schön finden, da soll man mitmachen. Das macht – in den Worten des Papstes – Lärm in den Straßen und in unserem Leben.

Ausgangspunk für diese tiefe Reform ist die Begegnung; die Begegnung untereinander, die Begegnung mit Christus. Bei aller Liebe für Verben der Bewegung wie ‚aufbrechen’ und so weiter ist es genau das, was den Anker des Sprechens und Predigens des Papstes ausmacht: Begegnung. Wer das erleben will, der ist hier auf dem Petersplatz richtig. Hier ist wirklich das Epizentrum der Reform von Papst Franziskus.

(rv 12.03.2014 ord)







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