Österreich: Moraltheologe sieht Kirche wegen Blasphemie in Dilemma
Wenn es um Kunstwerke unter „Blasphemieverdacht“ geht, befindet sich die Kirche laut
dem deutschen Moraltheologen Eberhard Schockenhoff in einem mehrfachen Dilemma: Scharfer
öffentlicher Protest weckt auch öffentliche Aufmerksamkeit für oft mittelmäßige Kunst
- und entspricht dem Kalkül der Werbewirksamkeit. Stillschweigen wiederum werde Kirchenverantwortlichen
als mangelnde Entschiedenheit in der Verteidigung des eigenen Glaubensstandpunktes
oder als Ausdruck innerer Resignation ausgelegt. Schockenhoff äußerte sich bei einem
Vortrag über „Blasphemie - zum Verhältnis von Wahrheit, Freiheit und Kunst“, den die
Theologischen Kurse in Wien veranstalteten. Eine schlechte Ausgangsposition haben
Kirchenvertreter laut dem Freiburger Theologen auch in rechtlicher Hinsicht, wenn
sie blasphemische Grenzüberschreitungen unter dem dafür im heutigen Rechtswesen einklagbaren
Begriff „Störung des öffentlichen Friedens“ beanstanden. Denn hier müssten staatliche
Instanzen im Sinne eines Verbots oder der Zensur eingreifen, während sie bei der Berufung
auf die Freiheit der Kunst gar nicht tätig werden müssten. Schockenhoff erinnerte
daran, dass das Christentum selbst in seinen Anfängen als gotteslästerlich galt: Den
Juden war die „Anmaßung“ Jesu, Sünden zu vergeben, ein Ärgernis, dem Imperium Romanum
die Weigerung der Christen, dem gottgleichen Caesar zu huldigen.