2014-02-28 12:26:09

Ukraine: Deutscher Pastor auf Krim sorgt sich wegen Bürgerkrieg


RealAudioMP3 Wochenlang schaute alle Welt auf die Proteste in Kiew, nun schwenkt der Blick Richtung Süden der Ukraine: Auf der Halbinsel Krim, die de jure zur Ukraine gehört, toben seit Tagen die Proteste. Diesmal geht es genau andersherum. Die Demonstranten wollen nicht akzeptieren, dass Viktor Janukowitsch abgesetzt ist, und sie befürworten eine an Russland orientierte Politik. Der abgesetzte Präsident hatte schon bisher einen großen Rückhalt auf der Krim. Über 70 Prozent hatten bei den letzten Wahlen für ihn gestimmt.

Markus Göring ist Pfarrer der deutschen evangelisch-lutherischen Kirche der Ukraine und ist für sieben Gemeinden auf der Krim zuständig. Die Halbinsel im Schwarzmeer ist ein Sammelbecken ethnischer und religiöser Minderheiten. Neben Orthodoxen und Krim-Deutschen gibt es auch etwa 15 Prozent Tataren, die mehrheitlich Muslime sind. Im Gespräch mit uns sagt Göring:

„Was die Leute hier auf der Krim beunruhigt, ist die Gefahr eines Bürgerkriegs, weil es nicht mehr so ist, wie es in Kiew war. Dort war es eine Auseinandersetzung zwischen einer Opposition und Demonstranten, die gegen ein skrupelloses Regime auftraten und dort von der Miliz bedrängt wurden. Hier auf der Krim hingegen geht es um eine Auseinandersetzung, die geschürt wird zwischen der russischen und der tatarischen Bevölkerung. Das ist eine sehr unangenehme Sache. Bislang war die Krim dafür bekannt, dass hier die unterschiedlichen Volksgruppen seit jeher sehr gut zusammenleben.“

Als er seine Kinder am Freitagmorgen zur Schule brachte, waren von 29 Kindern nur fünf gekommen, erzählt Pastor Göring. Die Gemeinde musste wegen der unruhigen Lage mehrere Veranstaltungen absagen. Die Angehörigen der deutschen Minderheit auf der Krim hätten eine „einigermaßen klare Meinung“ zu dem Konflikt, so der Pastor: Sie wollen das Tau zu Russland auf keinen Fall kappen und seien mit dieser Haltung nicht allein.

„Die Gemeindeglieder sind hier durchaus – so wie die Mehrheit der Bevölkerung – so eingestellt, dass sie auf keinen Fall wollen, dass das Verhältnis zu Russland sich verschlechtert. Falls sie weiterhin zur Ukraine gehören sollen, dann wollen sie keine Ukraine, die den Gesprächsfaden zu Russland abreißen lässt. Diese Angst verbindet sich tatsächlich mit der aktuellen Regierung (in Kiew). Ich würde nicht sagen, dass unsere Leute jetzt auf die große Demonstrationen gehen und den sofortigen Anschluss an Russland verlangen, aber es gibt durchaus in unseren Gemeinde jene, die das nicht unbedingt schlecht fänden.“

Die Krim-Halbinsel ist eine autonome Teilrepublik der Ukraine. Eine Mehrheit der Bevölkerung dort zählt zur russischen Bevölkerung, und im Hafen von Sewastopol hat Russland eine eigene Flotte stationiert. Pastor Göring hat noch eine Bitte:

„Ich würde mich sehr freuen, wenn die Menschen anderen Teilen Europas nicht nur die Bilder im Fernsehen anschauen, sondern auch mitbeten für die Situation hier vor Ort und für die Situation der Gemeinden der verschiedenen Konfessionen und die Menschen, die in Ruhe ihre jeweiligen Prägungen – seien es nun Ukrainer, Tataren oder Russen – dort leben können, in Freiheit, Frieden und guter Nachbarschaft.“

(rv 28.02.2014 mg)








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