Moskauer Patriarch: Konflikt in der Ukraine beenden
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat ein Ende des Konflikts in der Ukraine
gefordert. Es sei „unerträglich schmerzhaft“, von den vielen Opfern in Kiew und den
Unruhen in einigen Regionen des Nachbarlandes zu hören, schreibt das Kirchenoberhaupt
in einem am Sonntag in Russland und der Ukraine in den Gottesdiensten verlesenen Hirtenbrief.
Die gesamte Kirche bete für Frieden und für die Beilegung des „Bruderzwistes“. Bislang
sei die Gefahr des Bürgerkrieges abgewendet worden, so Kyrill I. Aber dieses Szenario
könne doch noch eintreten, wenn moralische Gebote aufgegeben würden oder die Bürger
sich selbst, einander gegenseitig und das Gesetz nicht respektierten. Ausdrücklich
dankte er den ukrainischen Bischöfen und Priestern dafür, dass sie „inmitten aller
Appelle und Parolen aller möglichen Überzeugungen die innere Kraft für konsequente
Aufrufe zum Frieden und zur Bruderliebe gefunden“ hätten. Den Angehörigen der Todesopfer
sprach er sein Beileid aus.
Auf die vom ukrainischen Parlament am Samstag beschlossene
Absetzung von Staatspräsident Viktor Janukowitsch geht der Patriarch in dem Hirtenbrief
nicht ein, weil das Schreiben bereits davor verfasst wurde. Im Gegensatz zu Kyrill
I. hatte der Leiter der Abteilung des Moskauer Patriarchats für die Beziehungen zur
Gesellschaft, Erzpriester Wsewolod Tschaplin, Ende Januar ein Eingreifen Moskaus in
den Kiewer Machtkampf verlangt. Die Russen sollten den Ukrainern gegen die „Invasion
einer neuen Horde“ von Regierungsgegnern helfen. Die Moskauer Kirchenspitze befürchtet
laut Beobachtern, dass im Zuge des politischen Umbruchs in der Ukraine die konkurrierende
Kirche des Kiewer Patriarchats an Gewicht gewinnt. Die von der Weltorthodoxie nicht
anerkannte Kirche hatte sich Anfang der 1990er Jahre von Moskau abgespalten, als die
Ukraine ihre Unabhängigkeit von der damaligen Sowjetunion erklärte. Die russisch-orthodoxe
Kirche zählt die Ukraine weiter wie fast alle einstigen Sowjetrepubliken zu ihrem
kanonischen Territorium. Kiew sei die „Geburtsstadt der großen orthodoxen Zivilisation“,
so Kyrill I. in dem Hirtenbrief.