Schnell hinein, schnell
wieder heraus – so leicht wird das für ausländische Truppen in der Zentralafrikanischen
Republik nicht werden. Denn der Konflikt im Land ist zwar plötzlich aufgeflammt, hat
aber tiefe Wurzeln. Darum wird er sich auch nicht so schnell beilegen lassen, meint
Frank Kraus vom katholischen deutschen Hilfswerk missio aus Aachen. Im Gespräch mit
Radio Vatikan erläuterte Kraus am Freitag:
„Der zentralafrikanische Staat
ist schon seit Jahrzehnten sehr instabil. Die Bevölkerung verharrt seit Jahrzehnten
in extremer Armut; auf dem Land waren schon in der Vergangenheit die Menschen von
Bandenterror bedroht oder von anderen Invasionsmächten wie beispielsweise der „Lords
Resistance Army“, die von Uganda kommend ihr Unwesen im Süden der Zentralafrikanischen
Republik getrieben hat. Eine Bevölkerung, die in diesem hohen Maß solches Leid erfahren
hat, gleichzeitig aber sehr jung ist. Diese jungen Menschen voller Wut und Aggressionen
erleben jetzt eine Explosion dieser Wut und dieser Traumata.“
Der missio-Experte
erinnert an den Konflikt im Osten des Kongo, der seit zwanzig Jahren schwelt und immer
wieder blutig zum Ausbruch komme. Ähnliches stehe auch in der Zentralafrikanischen
Republik zu befürchten.
„Ich sehe das als eine andauernde Folge der Instabilität
der gesamten Region: Darfur ist eben auch nicht weit. All diese Konflikte rundherum
– Mali, Tschad – führen dazu, dass sehr viele Waffen, viel Aggression und Frustration
unterwegs sind, so dass es jetzt an der schwächsten Stelle – und das ist im Moment
die Zentralafrikanische Republik – zu solchen Exzessen wieder kommen kann. Wenn Sie
den Ostkongo ein wenig im Griff haben, verlagern sich die Waffen, die Söldner und
die frustrierten Menschen in eine andere Region, und darauf reagiert jetzt wiederum
die einheimische Bevölkerung.“
Natürlich wäre es gut, wenn „Militär- oder
Polizeikräfte“ jetzt versuchten, ein Minimum an Stabilität in Zentralafrika herzustellen,
„sonst können Sie ja“, so Kraus, „überhaupt nichts machen“. Aber eigentlich lasse
sich der Konflikt nur lösen, wenn man beim „durchaus berechtigten“ Frust der vielen
jungen Leute im Land ansetze. Und ihnen andere Perspektiven biete als die Wut auf
den Nachbarn.
„Da sucht man sich einen Feind, ob er Moslem sei oder einer
anderen Ethnie angehört oder eine Frau ist oder was auch immer – das ist dann nur
noch das Suchen eines Feindbilds und nicht mehr ein echter Konflikt, der darauf beruht,
dass jemand einen anderen Glauben hat… Sondern: Er ist anders!“
Der „Aufbau“
in Zentralafrika kann nach Kraus` Überzeugung nur langfristig gelingen, „er wird nicht
übermorgen zu Ende sein“. Politiker und religiöse Kräfte – zu letzteren gehören neben
Christen und Muslimen auch die traditionellen Religionen, die allerdings nicht besonders
organisiert sind – müssten sich um ein neues Klima des Miteinanders bemühen: und zwar
nicht nur in der Hauptstadt Bangui, sondern bis in die einzelnen Pfarreien bzw. Moscheen
auf dem Land.