2014-02-11 12:41:51

Vatikan/China: Der Amtsverzicht Benedikts aus fernöstlicher Perspektive


RealAudioMP3 Der Amtsverzicht von Papst Benedikt aus fernöstlicher Perspektive: Savio Hon Tai-Fai ist Kurienerzbischof und wirkt seit drei Jahren als Sekretär der vatikanischen Missionskongregation. Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt der chinesische Salesianerpater, was Katholiken im Reich der Mitte an jenem 11. Februar 2013 empfanden.

„Von katholischer Seite gab es Überraschung und Bewunderung für diesen Schritt. Das sah ich auch an den Briefen, die unsere Kongregation erhielt. Was die chinesische Gesellschaft allgemein betrifft, war es ziemlich still. Aber nach dem Amtsverzicht in einer solchen kurzen Periode gab es einen neuen Papst, und die Übergabe des Amtes war dann so gelassen, friedlich und einstimmig. Die Menschen in China haben es als gutes Beispiel aufgenommen: Man muss seine Grenzen respektieren. Er gab sein Bestes als Papst in acht Jahren den Pontifikates. Benedikt hat einen mutigen Schritt gesetzt. Sogar Leute von draußen verstehen, dass der Papst das sichtbare Zeichen der Einheit der Kirche ist. Natürlich betraf der Amtsverzicht nicht nur den Heiligen Vater selbst, sondern auch andere. Vor einem Jahr haben mir einige nichtkatholische Chinesen voller Bewunderung gesagt: Normalerweise werden Menschen von der Macht korrumpiert. Aber bei Benedikt ist es anders. Und das ist ein Kompliment für ihn als Zeuge der Kirche.“

Papst Benedikt hatte mit seinem Brief an Chinas Katholiken von Pfingsten 2007 viel Gutes in einer dynamischen, aber hochkomplexen Ortskirche bewirkt. Sein Nachfolger Papst Franziskus wurde in China sehr gut aufgenommen, erklärte Erzbbischof Hon.

„Nicht nur von den katholischen Brüdern und Schwestern: die Leute allgemein mögen den Papst. Sogar die chinesische Regierung bekundete ihre Wertschätzung für die Bemühungen des Papstes um Frieden in Syrien. Er pflegt Einfachheit und Demut, er ist ein Papst ohne viel Pomp, und sehr kohärent in seinem Lebensstil. Er wird außerordentlich geschätzt.“

Trotz vielfältiger Schwierigkeiten mit der Regierung wächst das Christentum in China beständig und die Botschaften der katholischen Kirche stoßen auf großes Interesse. Erzbischof Hon zufolge liegt die Zahl der Katholiken in China inzwischen bei zwölf bis 14 Millionen.

„In den späten 1980er Jahren nannten Forscher dieses Phänomen „Christenfieber“. Das kann man in verschiedene Aspekte aufbrechen. Viele Leute sind neugierig auf die katholische Kirche und gehen zu den großen Festen, besonders zu Weihnachten und Ostern. Zweitens beobachten wir als gesellschaftliche Erscheinung, dass viele Fakultäten für Philosophie begonnen haben, sich für religiöse Untersuchungen des Christentums zu interessieren. Das äußert sich in Arbeiten, Büchern, Publikationen. Das dritte Element ist, dass die Kirche im Vergleich zur Vergangenheit heute mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft genießt.“

Das Interesse für Spiritualität füllt eine Lücke, die sich aufgrund der rasanten gesellschaftlichen Entwicklung Chinas aufgetan hat, sagt Erzbischof Hon.

„Ich würde sagen, im Klima der ökonomischen Reform hat man zu viel auf materiellen Reichtum und Geld gezielt. Das gängige Sprichwort ist: Ob die Katze weiß oder schwarz ist, spielt keine Rolle, solange sie Mäuse fängt. Das zielt darauf ab, die sozialistische Ideologie von Mao Tse Tung beiseite zu schieben. Aber gleichzeitig wurde leider auch die traditionelle Morallehre Chinas beiseitegeschoben. Ich glaube bloß nicht, dass die Menschen sich mit dieser Art von Leben wohl fühlen. Das Christentum wurde vor diesem Hintergrund für viele Chinesen attraktiv. Sie wünschen sich etwas, das ihnen wirklich Halt gibt für ihre Lebensdeutung. Deshalb kommen sie zur Kirche.“

In China gibt es heute 146 Diözesen und 112 Bischöfe, wovon knapp jeder zweite von der Regierung nicht anerkannt ist. Im Juli 2012 erfolgte die vorerst letzte Weihe eines chinesischen Bischofs ohne päpstliches Mandat. Zwischen Heiligem Stuhl und Peking bestehen keine offiziellen diplomatischen Beziehungen.

(rv 11.02.2014 gs)








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