Zur Überraschung der ganzen Welt hat Papst Benedikt XVI. vor fast einem Jahr seinen
Rücktritt vom Papstamt bekannt gegeben. 29 Tage später folgte das Konklave. Von der
sagenumwobenen Papstwahl handelt das Buch, dass wir Ihnen heute vorstellen möchten:
„Tatort Konklave“, eine Besprechung von Marion Sendker.
„Komm, Schöpfer Geist“,
singen die Kardinäle, wenn sie ins Konklave einziehen. Bei manchem Konklave der Kirchengeschichte
sucht man den Heiligen Geist allerdings vergebens. „In einer Schenke, einer Wechselstube,
in einem Bordell wird über Petrus entschieden“ (S. 47), so steht es wörtlich auf einem
Flugblatt vor jener Wahl im Jahr 1522, aus der letztendlich der strenge und integre
Hadrian VI. aus Utrecht als Papst hervorging.
Als wäre er selbst live dabei
gewesen, gewährt der Vatikan-Kenner Ulrich Nersinger in seinem Buch „Tatort Konklave“
einen Einblick in die Vorgänge rund um die Papstwahl. Dem Autor gelingt ein lebendiger
Streifzug durch die Geschichte des Vatikans. Wie ein unsichtbarer Beobachter ist Nersinger
dabei, wenn in „der Sixtina die Nerven blank“ liegen, weil sich die Kardinäle ihre
Mägen verdorben haben und um einen Giftanschlag auf das Kolleg fürchten oder wenn
das Kardinalskolleg auf einmal weibliche Unterstützung im Konklave bekommt.
20
ausgewählte Konklaveveranstaltungen ab dem Jahr 1241 werden unter die Lupe genommen.
Das letzte Kapitel widmet sich der Papstwahl „mit Vorankündigung“, dem jüngsten Konklave
der Kirchengeschichte. 30 Tage nach Benedikt´s Rücktritt haben die Kardinäle im fünften
Wahlgang einen Argentinier auf den Stuhl Petri gewählt. Wie in der apostolischen Konstitution
vorgeschrieben, hat auch er, Jorge Mario Bergoglio, damals noch als Erzbischof von
Buenos Aires, zu Beginn des Konklaves einen Eid abgelegt. Hierdurch verpflichtet er
sich zur strengsten Geheimhaltung.
Und ich, Mario Kardinal Bergoglio, verspreche,
verpflichte mich und schwöre es, so wahr mir Gott helfe und diese heiligen Evangelien,
die ich mit meiner Hand berühre.
Dass jedes Konklave unbedingt auch von
den politischen Bedingungen der Zeit geprägt ist, belegt Nersinger eindrucksvoll.
Er berichtet aus Tagebüchern von Zeitzeugen, zitiert aus Zeitungsartikeln, Fernsehschlagzeilen
und Interviews mit Kardinälen und Journalisten. Der unterhaltsame Schreibstil sorgt
dazu für detailreiches Kopfkino. Ernüchternd dagegen erscheint die lediglich zweiseitige
Auswahl von Literaturquellen am Ende des Buches. Fußnoten mit konkreten Quellenangaben
hätten die Ernsthaftigkeit der zum Teil reißerisch dargestellten Situationen eindrucksvoll
belegen können.
Dank einer kurzen, aber inhaltsstarken Einführung in die wichtigsten
Standards rund um die Nachfolge Petri ist der Leser aber bestens gewappnet, um verschiedene
Tatorte von Papstwahlen kennenzulernen. Das Buch ist ein Konklave-Crashkurs für Anfänger
und ein kompaktes Mini-Lexikon für Fortgeschrittene, die ihr Wissen schnell wieder
auffrischen wollen oder eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Infos suchen.
Ulrich
Nersinger ist Journalist, Historiker und ausgewiesener Kenner des Vatikans, der Kurie
und der Kirchengeschichte. Sein Werk „Tatort Konklave“ ist ein erzählendes Sachbuch
mit Krimi-Elementen, was der Sprache wie auch dem Thema zu danken ist. Die Masse an
Information ist fast so beeindruckend, wie der präzise und an manchen Stellen auch
brisante Schreibstil, der Lust auf mehr macht.
Die Angaben zum Buch: Tatort
Konklave, ein Buch von Ulrich Nersinger, erschienen im Verlag Petra Kehl, ca. 17 Euro.