2014-02-01 14:03:43

Zentralafrika: „Der Hass ist zu stark“


RealAudioMP3 Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik ist weiter äußerst angespannt. Das sagte der Erzbischof von Bangui Dieudonné Nzapalainga jetzt bei einem Besuch in Köln dem Domradio. Allerdings handle es sich „nicht um Konflikte zwischen Muslimen und Christen“, sondern „um einen militärisch-politischen Konflikt“.

„Augenblicklich finden Sie in Zentralafrika niemanden, der sich wegen der Bibel, wegen des Korans, wegen des Kreuzes, wegen der Moschee, wegen einer Kirche kämpft. Sie bekämpfen sich, weil man ein Mitglied ihrer Familie getötet hat, sie bekämpfen sich, weil sie alles verloren haben, sie haben Hassgefühle, sie brennen darauf, ein Mitglied ihrer Familie zu rächen. Das sind nur allzu menschliche Gefühle, die mit Religion nichts zu tun haben. Sie finden keinen Imam an der Spitze der Seleka-Milizen, keinen Priester oder Pfarrer an der Spitze der christlichen Anti-Balaka-Milizen!“

In Wirklichkeit gehe es um einen Machtkampf, so der Erzbischof der Hauptstadt. Zur Warnung der Vereinten Nationen vor einem drohenden Völkermord meinte er:

Diese Furcht ist gerechtfertigt, denn es gibt deutliche Vorzeichen dafür... Ich gebe Ihnen ein Beispiel von einer Stadt namens Bogongolo: Im Juli habe ich dort Christen und Muslime erlebt. Zwei Monate später komme ich wieder – und was muss ich feststellen? Es gibt hier keine Muslime mehr! Ich habe bei den Anti-Balaka nachgefragt: Wo sind die Muslime hin? Sie antworteten mir: Man hat sie verjagt. Aber sind sie alle geflohen oder hat man sie umgebracht? Ich habe keine Ahnung. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen: Achtung, das sind Vorzeichen, und sie wollen alle Muslime töten! Und passt man nicht auf, dann führt das zu Säuberungen von einzelnen Gruppen, und man wird beschließen, alle Muslime ohne Unterschied zu töten. Vor zwei Wochen haben wir gerade das Schlimmste verhindert. Zum Glück hatte der Priester zeitig alle Muslime in die Kirche gebracht. Sonst hätten die Anti-Balaka sie getötet, nur dank der Mithilfe von Franzosen hat man sie retten können.“

Nzapalainga ist zusammen mit einem führenden Imam der Zentralafrikanischen Republik unterwegs in Europa. Ihre gemeinsame Botschaft laute: Christen und Muslime haben ein gemeinsames Schicksal. Sie seien alle „Söhne und Töchter der Zentralafrikanischen Republik“ und dürften sich nicht „untereinander zerreißen“. Aber der Erzbischof macht sich keine Illusionen darüber, dass diese versöhnliche Botschaft in seinem Land derzeit auf verlorenem Posten steht:

Gewiss ist der Hass zu stark. Wenn Sie Mitglieder Ihrer Familie verloren haben, jemanden der Ihnen teuer ist, haben Sie den Eindruck, dass die Welt zusammengebrochen ist. Das Leben scheint keinen Sinn mehr zu haben, manchmal sagen Sie sich sogar, dass Gott nicht existiere. Wir versuchen ihnen diesen Hass zu nehmen.“

(domradio/rv 01.02.2014 sk)








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