Kardinal Rodriguez Maradiaga: Es braucht „überzeugte Katholiken“ in Schlüsselpositionen
Der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, Vorsitzender einer Kardinalskommission
zur Kirchenreform, sieht die von Papst Franziskus angekündigte Erneuerung unter dem
Zeichen sozialer Gerechtigkeit. Dass der Papst ihn in das Gremium berufen habe, sei
„ein weiterer Ausdruck der Option für die Armen“, sagte Maradiaga in einem Interview
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Kirche brauche „keine 'klerikalisierten'
Laien in der Sakristei, sondern überzeugte Katholiken im Zentrum der Politik, der
Wirtschaft und auch der Kultur“, so der Erzbischof von Tegucigalpa. Die Option für
die Armen müsse zu einer veränderten Weltwirtschaft führen. Die „hochgelobte Globalisierung“
sei „bislang nur eine Globalisierung der Märkte“. Maradiaga kritisierte eine „Tendenz
hin zu Monopolen, zu immer mächtigeren Unternehmen, die weltweit agieren“.
Kirche
in Lateinamerika stützt Demokratie
Gleichzeitig betonte der Kardinal
die Rolle der katholischen Kirche in Lateinamerika: „Würde sich die Kirche nicht kontinuierlich
für die Werte des Evangeliums einsetzen und für die Soziallehre mit ihren Prinzipien
Personalität, Solidarität und Subsidiarität eintreten, wäre die sogenannte Demokratie
längst zusammengebrochen.“ Im Blick auf Lateinamerika beklagte Maradiaga eine weitgehende
politische Ohnmacht: „Demokratie heißt bislang, wählen zu gehen und danach zuzuschauen,
wie alles so bleibt, wie es war.“ Eine der Ursachen dafür sei, dass „sich die Wirtschaft
der Politik bemächtigt und sie in den Dienst der Interessen einiger Individuen oder
weniger kleiner Gruppen gestellt“ habe.
Dies gelte auch für die Situation
in seinem Heimatland Honduras. „Während des Wahlkampfes wird investiert, während der
Regierungszeit die Dividende kassiert und sich so bereichert, dass man für den Rest
seiner Tage ausgesorgt hat. Dass Politik Dienst am Gemeinwohl sein soll, hat sich
noch nicht herumgesprochen“, sagte Maradiaga. Von dem neuen Präsidenten Juan Orlando
Hernandez forderte er unter anderem, der „Bestechlichkeit der Justiz“ ein Ende zu
setzen und versprochene Programme zur Armutslinderung, einer Verbesserung des Erziehungswesens
und für neue Arbeitsplätze auf den Weg zu bringen.
Katholische Kirche
in Deutschland steht „im Dienst der Armen“
Mit Bezug auf die Kirche
in Deutschland warnte der Kardinal vor einer falschen Armutsdebatte nach dem Fall
Limburg. „Es wäre schade, wenn durch Ereignisse in einer einzelnen Diözese in Deutschland
die Errungenschaften so vieler Jahre in den Schatten gestellt würden“, so Rodriguez
Maradiaga. Er verwies dabei auf die Beiträge deutscher katholischer Hilfswerke wie
Misereor, Missio, Kirche in Not und Renovabis. Namentlich Adveniat sei „der größte
Wohltäter des lateinamerikanischen Kontinentes auf allen Gebieten der Seelsorge“,
so der Kardinal. Auf die Frage nach einer armen Kirche in Deutschland sagte der Kardinal,
alles hänge davon ab, „wie man Reichtum definiert“. Die Geschichte Europas habe es
mit sich gebracht, dass es viele kirchliche Besitztümer gebe, selbst die Kirchensteuer.
„Ich bin überzeugt, dass die katholische Kirche in Deutschland nicht nur eine der
reichsten der Welt ist, sondern auch die großzügigste. Viele Kirchen helfen den Ärmsten
der Armen, aber keine kann sich mit der deutschen messen“, sagte Rodriguez: „Ich glaube,
dass die katholische Kirche in Deutschland im Dienst der Armen steht.“