Franziskus: „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“
Eine ganze Welt, die
auf Herrschaft, auf Erfolg, auf Besitz, auf Korruption gegründet ist, wird durch ein
Kind in eine Krise gestürzt. So deutete Papst Franziskus in seiner Predigt zum Fest
der Erscheinung des Herrn die Unruhe, welche die Mächtigen um König Herodes herum
ergriffen habe. Die Sterndeuter seien durch das Licht bis Jerusalem geführt worden.
„Das
Evangelium berichtet uns, dass die Sterndeuter, als sie nach Jerusalem kamen, den
Anblick des Sterns kurz verloren, sie sahen ihn nicht mehr. Insbesondere im Palast
des Königs Herodes ist sein Licht nicht da: dieser Ort ist dunkel, hier regieren Finsternis,
Misstrauen, Angst, Neid. Herodes zeigt sich in der Tat argwöhnisch und beunruhigt
ob der Geburt eines schwachen Kindes, in dem er einen Rivalen sieht. In Wirklichkeit
ist Jesus nicht gekommen, um ihn, eine erbärmliche Marionette, sondern den Fürsten
dieser Welt zu stürzen! Trotzdem fühlen der König und seine Berater, dass ihre Machtstrukturen
ins Wanken geraten, sie fürchten, dass die Spielregeln auf den Kopf gestellt werden,
dass der Schein aufgedeckt wird.“
Auf dem Weg zum Herrn dürfe man sich
nicht vom Schein der Macht, von den „Sirenengesängen der Weltlichkeit“ beeindrucken
lassen. Wie die Weisen müssten Christen heute den Glauben vor den Dunkelheiten bewahren.
„Aber
dieses Dunkel verkleidet sich manchmal als Licht. Manchmal kleidet sich der Dämon,
wie Paulus sagt, als Engel des Lichts. Und hier braucht es diese heilige „Schläue“,
um den Glauben zu bewahren, ihn vor den Sirenengesängen zu bewahren, die dir sagen:
„Schau, heute müssen wir dieses machen und jenes …“.“
Diese „heilige Schläue“
könnten die Weisen uns heute lehren, so der Papst. Wie sie seien wir auf dem Weg zum
Herrn, geleitet von Gott selber.
„Ein Aspekt des Lichtes, das uns auf dem
Weg des Glaubens leitet, ist auch die heilige „Schläue“. Das ist auch eine Tugend,
nicht wahr? Die „heilige Schläue“. Es handelt sich um jene geistliche Gerissenheit,
die uns Gefahren erkennen und vermeiden lässt. Die Sterndeuter wussten dieses Licht
der „Schläue“ zu nutzen, als sie auf ihrem Rückweg entschieden, nicht über den dunklen
Palast des Herodes zu gehen, sondern auf einem anderen Weg heimzukehren. Diese Weisen
aus dem Osten lehren uns, wie wir nicht in den Hinterhalt der Finsternis fallen und
wie wir uns gegen die Dunkelheit verteidigen können, die unser Leben zu umfangen sucht.“
Christen
müssten das Licht Gottes im Herzen aufnehmen und sich zugleich in jener geistlichen
Schläue üben, die Einfachheit und Schlauheit zu verbinden wisse. Franziskus zitierte
das Matthäusevangelium: „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ (Mt
10,16).
„Die Sterndeuter waren in der Lage, jenen gefährlichen Augenblick
der Dunkelheit bei Herodes zu überwinden, weil sie der Schrift glaubten, dem Wort
der Propheten, das Bethlehem als den Geburtsort des Messias benannte. So entflohen
sie der Abgestumpftheit der Nacht der Welt, nahmen den Weg nach Bethlehem wieder auf,
und dort sahen sie erneut den Stern und sie wurden wie das Evangelium sagt „von sehr
großer Freude“ (Mt 2,10) erfüllt.“
Im Weg der Sterndeuter aus dem Osten
sei die Bestimmung eines jeden Menschen angedeutet, so der Papst: Das Leben sei ein
Pilgerweg, ein Unterwegssein zur Begegnung mit dem Herrn. „Am Fest der Erscheinung
des Herrn, an dem wir gedenken, dass Jesus uns Menschen im Antlitz eines Kindes geoffenbart
wurde, erfahren wir die Sterndeuter an unserer Seite wie weise Weggefährten. Ihr Beispiel
helfe uns, den Blick zum Stern zu erheben und den großen Sehnsüchten unseres Herzens
zu folgen. Sie lehren uns, uns nicht mit einem mittelmäßigen Leben, mit dem Kleinen
zufrieden zu geben, sondern uns immer faszinieren zu lassen vom Guten, Wahren und
Schönen …, von Gott, der all das in immer größerer Weise ist! (...) Nach dem Beispiel
der Sterndeuter wollen wir mit unseren kleinen Lichtern das Licht suchen, wir wollen
den Glauben bewahren. So sei es.“ (rv 06.01.2014 ord)