Fast eine Million
Menschen hat der Konflikt zwischen den verfeindeten Gruppen in der Zentralafrikanischen
Republik bereits in die Flucht geschlagen. Seit dem Sturz von Präsident François Boizizé
im März liefern sich überwiegend muslimische Unterstützer von Boizizés Nachfolger
Michel Djotodia immer neue Gefechte mit christlichen Milizen. In der Hauptstadt Bangui
sind 60 Prozent der Flüchtlinge Kinder. Auch in der drittgrößten Stadt des Landes
Berbérati im Südwesten ist die Lage dramatisch. Das berichtet die italienischstämmige
Ordensschwester Elvira Tutolo im Gespräch mit Radio Vatikan.
„Wir sind
überschwemmt mit Menschen, die aus Orten kommen, wo die Rebellion gewütet hat. In
Berbérati fehlt alles: Im Krankenhaus gibt es weder Chemikalien noch Medizin, so dass
keine Menschen versorgt werden können. Wir müssen dafür dankbar sein, dass zumindest
die Familien die Flüchtlinge aufnehmen. An Problemen mangelt es aber nicht, denn wenn
eine Familie, die ohnehin schon aus 13 Personen besteht, weitere fünf bis zehn aufnimmt,
geht es wirklich ums Überleben.“
Viele der Flüchtlinge seien aus dem überfüllten
Bangui hergekommen. Die Fronten in dem Konflikt werden zunehmend undurchsichtiger.
So gerieten etwa auch viele Menschen aus dem Tschad, die sich im Land aufhielten,
zwischen die Fronten, berichtet die Schwester weiter. Diese Personen würden für Rebellen
gehalten:
„Seit die Séléka aus dem Tschad ankamen, herrscht hier der Glauben,
alle Leute aus dem Tschad seien Séléka-Rebellen. Dabei hat die Bevölkerung aus dem
Tschad ja keine Schuld; das Problem wurde durch die Ankunft der Séléka erst geschaffen
– das sind gewalttätige Söldner.“
Während das Land mehr und mehr in einem
Kreislauf aus Gewalt und Rache versinkt, wird die Kirche nicht müde, das fragile Netz
der interreligiösen Beziehungen stärker zu knüpfen. So lancierten Erzbischof Dieudonné
Nzapalainga von Bangui und der Präsident der islamischen Gemeinschaft von Zentralafrika,
Imam Oumar Kobine Layama, vor wenigen Tagen einen gemeinsamen Friedensappell. Oumar
Kobine Layama hatte im Erzbistum Schutz vor radikalen Kräften seiner eigenen Glaubensgemeinschaft
suchen müssen. Auch in Berbérati bemühe sich die Kirche um Dialog und Deeskalation,
berichtet Schwester Elviro Tutolo:
„Der Bischof arbeitet Tag und Nacht,
um Treffen zwischen den Vertretern der muslimischen Gemeinschaft mit den Verantwortlichen
der Kirchen zu organisieren, um alle dazu einzuladen, im Fall von Auseinandersetzungen
ruhig Blut zu wahren.“
Die Hilfe der Vereinten Nationen ist in Bangui immerhin
schon angelaufen. Aufgrund der prekären Sicherheitslage erreichen die Helfer und Hilfsgüter
in vielen ländlichen Regionen die Bevölkerung aber überhaupt nicht. Nach Angaben von
Beobachtern spitzt sich die Krise im Land weiter zu. Angesichts der großen Massen
an Flüchtlingen, die meistens ohne angemessene sanitäre Einrichtungen auskommen müssen,
droht der Ausbruch von Seuchen.