Unser Buchtipp: Die Katholische Kirche im Ersten Weltkrieg
In diesem Jahr gedenkt Europa des Beginns des Ersten Weltkrieges, im August 1914 begannen
die Kämpfe. Wie sich die katholische Kirche in der Zeit des Krieges verhalten hat,
darüber hat der katholische Theologe und Autor Martin Lätzel ein Buch vorgelegt. Pater
Bernd Hagenkord hat den Autor gefragt, wie eine Kirche, die sich im Kulturkampf ganz
deutlich gegen das preußisch dominierte Kaiserreich profiliert hatte, in den Krieg
gezogen ist.
„Die Stimmung
der katholischen Kirche innerhalb des Deutschen Reiches war noch ganz stark vom Kulturkampf
geprägt. Es gab eine ganz starke Störung des Selbstbewusstseins, weil man sich in
die Ecke gestellt sah als nicht wirklich deutsch seien. Der Kriegsfall bot nun die
Möglichkeit, endlich zu zeigen ‚Wir Katholiken in Deutschland stehen auch zu diesem
Reich’. Man hat sich sozusagen in entgegen gesetzter Richtung emanzipiert, nämlich
als gute deutsche Staatsbürger, was aber in der Konsequenz leider zu einem unreflektierten
und unkontrollierten Nationalismus wurde, der – und das finde ich theologisch problematisch
– das eigentlich Wesentliche der Katholizität, nämlich das internationale und Länder
und Nationen umspannende, total außer Acht ließ. Jetzt wollte man beweisen: Auch die
Katholiken sind gute Deutsche.“
Sie sind von der Ausbildung her Theologe,
mit welcher theologischen Brille geht man an solch ein Phänomen heran?
„Ein
Freund von mir hat das Manuskript gelesen und mit gesagt, dass man merke, dass ich
Theologe bin. ‚Da ist zwischen den Zeilen ständig die Empörung spürbar,’ nämlich die
Empörung darüber, dass wir es als theologischer Lehre mit einer Friedenslehre zu tun
haben. Und jetzt zu sehen, in der Nachschau durch Auswertung von Büchern, Predigten,
Feltpostbriefen und Hirtenbriefen, dass das alles außer Acht gelassen wird, dass man
also auf Kosten dieses theologischen Anspruchs einen nationalen Anspruch führt, dass
hat mich sehr verwundert und ich glaube, dass das in den Zeilen immer wieder durchkommt:
Da passt etwas nicht zusammen. Daher auch der Untertitel „Zwischen Nationalismus und
Friedenswillen“, da ist eine Spannung, die schwer auszuhalten ist.“
Ganz
stark in Sachen Friedenstheologie war der damalige Papst, Benedikt XV. Hat er in Deutschland
in der Wahrnehmung der Katholiken überhaupt eine Rolle gespielt?
„Das ist
ganz spannend, weil Benedikt XV. zum einen zum einen eine hohe Wertschätzung genoss,
er versuchte mit einer fast radikal-pazifistischen Grundeinstellung, Frieden zu stiften,
Frieden zu schaffen. Mit dem, was er wirklich erreichen wollte, nämlich einen Friedensschluss,
ist er leider gescheitert. Die Tragik der Geschichte ist ja, dass den Ersten Weltkrieg
quasi ein Katholik beendet hat, nämlich Mathias Erzberger mit der Unterzeichnung der
Kapitulationsurkunde.“
Das Buch: Martin Lätzel - Die Katholische
Kirche im Ersten Weltkrieg. Zwischen Nationalismus und Friedenswillen. Das Buch ist
im Friedrich Pustet Verlag erschienen und kostet knapp 23 Euro.