Wenn man an das Flüchtlingsdrama
im Mittelmeer denkt, so spricht man fast ausschließlich über die italienische Insel
Lampedusa. Täglich kommen von dort Meldungen über Boote und Probleme im Aufnahmezentrum.
Doch wenige Kilometer westlich der Mittelmeerinsel findet ebenfalls ein Drama statt,
über das die europäische Öffentlichkeit fast kaum Bescheid weiß: In der spanischen
Enklave Ceuta und Melilla wurden in den vergangenen Tagen Stacheldrähte und lebensgefährliche
Zäune aufgestellt, um die Flüchtlingswelle zu stoppen. Der Bischof von Tangeri, Santiago
Agrelo Martinez, protestiert gegen das Vorgehen der spanischen Regierung. Im Gespräch
mit Radio Vatikan sagt er, dass die europäische Flüchtlings- und Einwanderungspolitik
falsch sei.
„Wir protestieren, weil es um Menschen geht, die schwach sind.
Man darf auch nicht vergessen, dass es unter den Flüchtlingen viele Kinder und Frauen
gibt. Und gerade unter den Frauen gibt es wiederum viele, die schwanger sind. Sie
warten in Gebüschen ab und leben unter sehr erniedrigenden Umständen. Immerhin gibt
es humanitäre Hilfen für diese Menschen, aber das genügt nicht.“
Die katholische
Kirche haben einen ganz klaren Auftrag, so Bischof Agrelo Martinez: jeder Gläubige
habe die Pflicht, seinen Mitbrüdern zu helfen.
„Als Christen glauben wir,
dass jeder Mensch das Recht hat, eine Zukunft für sich und seine Familie aufzubauen.
Ja, wir sind fest überzeugt von diesem Grundrecht! Wir können es nicht gutheißen,
dass auf dieses Recht mit einer Politik der Abweisung geantwortet wird. Das hat schreckliche
Konsequenzen für die Migranten. Und geben wir es doch zu, die Politik der Abweisung
wird die Flüchtlinge nicht davon abhalten, nach Europa einreisen zu wollen.“
Das
Problem sei dann, dass Migranten bereit seien, auch die schlimmsten Hindernisse in
Kauf zu nehmen, fügt der Bischof von Tangeri an.
„Es gibt viele Tote. Das
können wir nicht akzeptieren! Wir können aber auch nicht akzeptieren, wie jene, die
überleben, behandelt werden. Wer ihnen die Tür verschließt, hindert sie daran, sich
eine Zukunft aufzubauen. Das ist eine Herausforderung für die Kirche. Wir könnten
uns damit zufrieden geben, diesen Menschen eine Decke und Nahrung zu geben und ihnen
auf die Schulter zu klopfen, doch das ist aus christlicher Sicht zu wenig. Wir dürfen
uns nicht nur auf erste Hilfe beschränken.“
Die spanischen Küstenstädte
Melilla und Ceuta befinden sich auf afrikanischem Boden und sind ein häufiges Ziel
von Flüchtlingen aus dem Kontinent, da sie Gebiete der Europäischen Union sind, die
eine Landgrenze zu Afrika haben. Immer wieder sterben Flüchtlinge beim Versuch, den
Stacheldraht zu überwinden. Hunderte Menschen haben bisher den Weg in die spanischen
Exklaven gefunden, wo sie in überfüllten Aufnahmelagern landen. Allein diese Wochen
hat die spanische Grenzwache 120 Flüchtlinge verhaftet.