Als „menschlichen Akt der Barmherzigkeit“ hat die russisch-orthodoxe Kirche die Freilassung
des Kreml-Gegners Michail Chodorkowski begrüßt. Der Leiter der Synodalabteilung für
die Beziehungen zur Gesellschaft, Erzpriester Wsewolod Tschaplin, sagte am Freitag
der Nachrichtenagentur Interfax, die große Mehrheit der Russen befürworte diese Entscheidung.
Die Hauptsache sei nun, dass Chodorkowski und die im Rahmen einer Massenamnestie frei
kommenden Häftlinge über ihr Leben nachdächten und Aktionen nicht wiederholten, „die
aus rechtlicher und ethischer Sicht falsch“ seien.
Manche von ihnen hingen
einer falschen Ideologie nach. Diese dulde, dass das öffentliche Bewusstsein durch
„politische Manipulationen“, viel Geld und „öffentliche Provokationen zum Sturz von
Symbolen, die für die Mehrheit der Bevölkerung heilig sind“, geändert werde. Chodorkowski
habe viele seiner Ansichten geändert, so Tschaplin. Wenn der unter anderem wegen Steuerhinterziehung
und Öldiebstahl verurteilte Ex-Konzern-Chef oder die zwei unter das Amnestiegesetz
fallenden „Pussy Riot“-Mitglieder ein Gespräch mit der Kirche wünschten, seien er
und seine Priesterkollegen „immer dafür offen“.
Chodorkowski wurde am Freitag
aus dem Straflager entlassen, nachdem ihn Staatspräsident Wladimir Putin begnadigt
hatte. Der Kreml-Gegner reiste daraufhin nach Deutschland, wo er laut Medienberichten
vom ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher in Empfang genommen wurde.
Im
Zuge einer vom Parlament beschlossenen Massenamnestie sollen auch die „Pussy Riot“-Musikerinnen
Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Alechina freikommen. Sie hatten im Februar 2012
in der wichtigsten orthodoxen Kirche Moskaus mit dem Lied „Lieber Gott, erlöse uns
von Putin“ gegen dessen Wiederwahl zum Präsidenten protestiert. Ein Gericht verurteilte
die Musikerinnen daraufhin zu zwei Jahren Straflager wegen „Rowdytums aus religiösem
Hass“.