Erstmals begehen im Vatikan zwei Kirchenoberhäupter die Geburt Jesu
In theologischen Fragen passe zwischen Franziskus und seinen Vorgänger Benedikt XVI.
kaum ein Blatt, ist im Vatikan oft zu hören. Was weihnachtliche Gewohnheiten angeht,
dürften jedoch mindestens drei Tannenbäume zwischen beiden Platz finden. Sieben Jahre
lang erfüllten Tannenduft und bayerisches Brauchtum zur Weihnachtszeit die päpstlichen
Gemächer im Apostolischen Palast. In diesem Jahr bleiben sie dunkel, weil niemand
mehr darin wohnt. Zum ersten Mal begeht der frühere deutsche Papst das Fest von Christi
Geburt in seinem neuen Domizil, dem ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae in den vatikanischen
Gärten.
Ein Christbaum mit echten Wachskerzen, Plätzchen, Marzipan und Stollen
- Benedikt feierte stets so, wie er es seit seiner Kindheit in der oberbayerischen
Heimat kennt. Abends singe die Hausgemeinschaft gerne Weihnachtslieder - der emeritierte
Papst hört am liebsten „Es ist ein Ros entsprungen“ -, dazu werde Klavier gespielt,
verriet im vergangenen Jahr Benedikts Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein. Als
Abendessen bevorzugt der 86-Jährige allerdings die leichtere italienische Kost. Angestoßen
wurde zuletzt mit einem Gläschen Süßwein.
Bayerische Adventskränze
Die
guten Gaben für Benedikt bringt seit 30 Jahren der Münchner Bankier Thaddäus Kühnel
in den Vatikan. Mit vier Weihnachtsbäumen auf dem Autodach und körbeweise Schmankerln
im Gepäck überquerte der getreue päpstliche Hoflieferant jüngst mit seinem Mercedes
wieder die Alpen. Gleich zwei Tannen schmücken nun Benedikts Privaträume. Im ganzen
Vatikan beliebt sind Kühnels Adventskränze, auch Papst Franziskus freute sich über
ein immergrünes Exemplar aus München - die Nadelbäume in den Weihnachtsstuben am subtropischen
Rio de la Plata sind meist aus Plastik.
Mit seinem Vorgänger hat Franziskus
am Telefon bereits Weihnachtsgrüße ausgetauscht. Über seine Pläne für den privaten
Abend vor der Christmette im Petersdom ließ Gänswein als Präfekt des päpstlichen Hauses
auf Nachfrage nichts verlauten. Vielleicht hat sich der argentinische Papst ja noch
nicht festgelegt, dem seine engeren Mitarbeiter eine ausgeprägte Spontaneität bescheinigen.
Lebende
Krippen
Besucht Franziskus womöglich seine Schwester aus Argentinien? Lädt
er Obdachlose ins vatikanische Gästehaus Santa Marta, seine Residenz ein? Taucht er
unversehens in der römischen Basilika Santa Maria in Trastevere auf, wo die katholische
Gemeinschaft Sant'Egidio ihr traditionelles Weihnachtsessen für die Armen der Stadt
ausrichtet?
Die mitteleuropäische Liedertradition unterm Lichterbaum ist dem
Argentinier eher fremd, zumal Franziskus nach eigenem Bekunden kein großer Sänger
ist. Und das Weihnachtsmenü? Zu seinen Lieblingsspeisen zählt Huhn - ohne Haut.
Besonders
schätzt Papst Franziskus jedenfalls Krippen. Bei seiner letzten Video-Weihnachtsansprache
als Erzbischof von Buenos Aires prangte im Hintergrund die Krippenfigur eines Jesuskindes.
In seiner Heimatstadt förderte Franziskus in den vergangenen Jahren das Schauspiel
der „lebenden Krippe“, bei dem zum Teil behinderte Kinder und Jugendliche die Figuren
der Weihnachtsgeschichte verkörperten - begleitet von Tangomusik. Jesus sei unter
den Ärmsten geboren worden, sagte er ihnen bei einem Besuch an Heiligabend. „Heute
begleiten wir ihn zum Rand der Existenz unserer Stadt.“ Auch die Krippe im vatikanischen
Gästehaus Santa Marta stammt aus Lateinamerika und ist ein Geschenk mexikanischer
Indianer.
Zu Weihnachten getauft
Allzu viel Zeit bleibt Franziskus
am 24. Dezember nicht für Privates. Schon um 21.30 Uhr beginnt der bekennende Frühaufsteher
die Christmette im Petersdom. Andernorts ist sie oft erst um Mitternacht angesetzt.
Der eigentliche Höhepunkt des Weihnachtsabends wartet vielleicht erst danach auf den
Papst: „Viele Male habe ich nach der Christmette einige Stunden allein in der Kapelle
zugebracht, bevor ich die Frühmesse zelebriert habe“, sagte er im Interview der italienischen
Tageszeitung „La Stampa“. Dabei habe er ein tiefes Gefühl von Trost und Frieden empfunden.
Der Papst gedenkt zu Weihnachten nicht zuletzt seiner eigenen Aufnahme in die Kirche,
denn am 25. Dezember 1936 wurde er in Buenos Aires getauft. Und den eigenen Tauftag,
so Franziskus, sollte jeder Christ genauso kennen wie seinen Geburtstag.