Am kommenden Samstag
besucht Papst Franziskus „sein" Kinderkrankenhaus. Das traditionsreiche Bambino Gesù
auf einem der Nachbarhügel des Vatikanstaates ist eine hochmoderne Kinderklinik, die
größte Europas. Isabell Gamperling hat sich dort umgesehen.
Normaler Betrieb
heute im „Pronto Soccorso“, der Notaufnahme. 20 Eltern sitzen mit ihren Kindern auf
Bänken und warten darauf, an die Reihe zu kommen. Seit über 140 Jahren steht auf Roms
Hügel Gianicolo ein Kinderkrankenhaus: das Bambino Gesù. Die römische Adelsfamilie
Salviati hat es im Jahr 1869 gegründet, eine Handlung aus Nächstenliebe und Mitgefühl.
Alles begann damals mit einem Zimmer mit vier Betten. Heute ist Bambino Gesù das größte
Kinderkrankenhaus und Kinderforschungszentrum Europas. Doch wer den Präsidenten der
Klinik, Giuseppe Profiti, fragt, was Bambino Gesù genau ist, erhält eine ganz andere
Antwort:
„Zuerst einmal würde ich sagen, ist es das Krankenhaus vom Papst.”
Seit
1924 gehört Bambino Gesù dem Heiligen Vater. Damals hatte die Familie Salviati das
Spital dem Papst übergeben, um die Zukunft der Einrichtung zu sichern. Der kirchliche
Eigentümer zeigt sich heute in erster Linie in den Werten, nach denen die rund 2.600
Ärzte, Forscher, Krankenschwestern und Pfleger arbeiten: Alle Aktivitäten basieren
auf den moralischen und ethischen Prinzipien des katholischen Glaubens.
Warum
sind Kinder krank und müssen schwerste Schmerzen ertragen? Wieso müssen manche von
ihnen sogar sterben? Papst Franziskus hat erst vor wenigen Wochen bei der Generalaudienz
gesagt, dass auch er darauf keine Antwort wisse. In Bambino Gesù wird alles dafür
getan, dass der schlimmste Fall, der Tod eines Kindes, nicht eintritt. Auf dem grünen
Hügel in Rom ballen sich die medizinischen Einrichtungen: Notaufnahme und Intensivstationen,
Chirurgie und Transplantationszentrum. Da der Platz in der Innenstadt Roms für all
die Angebote zu eng wurde, hat sich das Krankenhaus in der römischen Vorstadt San
Paolo ein zweites Standbein geschaffen.
„Eine Vorrangstellung hat das Krankenhaus
Bambino Gesù sicherlich im Bereich der Kardiologie und der Herzchirurgie. Da sprechen
wir von fast über 1.500 Eingriffen im Jahr davon 600 in der Herzchirurgie. Darüber
hinaus gibt es auch Transplantationen. Ein anderer großer Bereich sind die Kinderkrebserkrankungen.“
Ins
Krankenhaus Bambino Gesù kommen also Kinder mit schweren und komplexen Erkrankungen,
wo die besten Ärzte gefragt sind. Viele kleine Patienten leiden auch an chronischen
Krankheiten, ihre Chance auf Heilung ist nur sehr gering. Da Bambino Gesù das Ziel
hat, das Leben aller kranken Kinder überhaupt zu verbessern, ist der Klinik ein eigenes
Forschungszentrum angeschlossen:
Im Keller von Bambino Gesù laufen die Kühlschränke
auf Hochtouren: der Aufbewahrungsort für Reagenzgläser und Petrischalen und die darin
angelegten Versuchsreihen. Im Labor von Bambino Gesù wird mit modernsten Mitteln an
den Kinderkrankheiten geforscht. Lösungen zur Behandlung sollen bestmöglich auf jeden
einzelnen Patienten abgestimmt werden. Die Ärzte des Kinderkrankenhauses transplantieren
Herzen, Nieren und Knochenmark, die Forscher suchen nach den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
vor allem von genetisch bedingten Krankheiten.
Der gute Ruf der römischen
Kinderklinik, der ältesten Italiens, strahlt weit über das Land hinaus. Die Patienten
kommen mitunter aus China, Arabien und Nordafrika. Für sie hat das Krankenhaus extra
ausgebildete kulturelle Vermittler. Insgesamt 99 Sprachen sprechen sie.
„Rund
um den Arzt oder den weißen Kittel gibt es eine Anzahl weiterer Personen, mit Kleidung
in anderer Farbe. Aber grundsätzlich sind das Personen, die dem wirklich Kranken Leistungen
liefern. Der biologische Träger der Krankheit ist das Kind, aber der Kranke ist die
Familie, die in dem Moment, in dem sie in diese Situation hineinfällt, eine Reihe
von Dienstleistungen braucht. Die sind manchmal, ich möchte nicht sagen sogar wichtiger,
aber sie tragen sicherlich dazu bei, eine bessere Behandlung zu garantieren.“
Und
zu diesen fundamentalen Leistungen zählen nicht nur die kulturellen Mediatoren, wie
Giuseppe Profiti erklärt, sondern auch beispielsweise die Hilfe für die Familien bei
der Suche einer Unterkunft in Rom. Im Krankenhaus gibt es außerdem ein Spielzimmer
für die Kinder, hier kann gepuzzelt und gemalt werden. Und die kleinen Patienten können
für einige Momente Ärzte, Spritzen und Medizin vergessen.
Der kleine Junge
ist überrascht, was er sich da für ein schweres Puzzle aus dem Regal gezogen hat.
Wenn die Eltern selbst mal ein wenig Zeit zum Durchatmen brauchen, müssen sie nur
einmal den Hof überqueren: Dort befindet sich im ersten Stock des Gebäudes ein Entspannungsraum.
Außerdem gibt es eine Kantine und eine Bar.
Läuft man über die Gänge des Krankenhauses,
kommen einem nicht nur Kinder auf Betten und Rollwägen mit Wäsche oder Essen entgegen,
sondern man trifft ganz sicher auch auf sie: Krankenhausmitarbeiter in rosa Hemden:
Geistliche oder Laien, die die kleinen Patienten und ihre Familien menschlich, spirituell
und moralisch in dieser schweren Zeit unterstützen. Und wie kann es anders sein, im
Krankenhaus des Papstes gibt es auch eine Kappelle, ein Ort der Ruhe und des Friedens.
Sie ist nur ein paar Schritte entfernt vom Kinderspielplatz. Aber in das Gotteshaus
dringt kaum Lärm von draußen.
Bambino Gesù ist eine Auffangstation für Kinder
und Erwachsene. Das kostet natürlich alles Geld. Ein Teil der Forschung finanziert
die Europäische Union. Aber die medizinischen Leistungen zahlt der italienische Staat,
erklärt Giuseppe Profiti. Das Geld kommt also nicht vom Besitzer des Krankenhauses,
dem Heiligen Vater?
„Die medizinischen Leistungen werden von der italienischen
Regierung finanziert. Für alle Leistungen mit internationalem Charakter, mit humanitärem
Charakter werden die finanziellen Mittel vom Heiligen Stuhl zur Verfügung gestellt.“
Gerade
eben läuft ein solches Projekt an: Bambino Gesù schickt Ärzte mit medizinischem Gerät
in den Libanon, um syrischen Flüchtlingskindern zu helfen. Finanziert wird die Hilfsaktion
vom Päpstlichen Rat Cor Unum. Am Samstag nun kommt der Papst zu Besuch auf den
Gianicolo. Sind denn dann schon alle aufgeregt? Noch einmal Giuseppe Profiti:
„Wir
müssen jeden Tag bereit sein, ihn zu empfangen. Aber das Wissen, dass er bald kommt,
erzeugt in uns doch eine sehr große Erwartungsfreude. Wir wollen ihn in Empfang nehmen,
ihm alles zeigen, ihm erzählen. Wir erwarten ihn.“