„Why poverty?“ - Bilder der Armut in der Optik der Päpste
„Vergiss die Armen
nicht“: Als die Stimmenzahl im Konklave die Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht hatte und
Applaus aufkam, wandte sich der brasilianische Kardinal Claudio Hummes an seinen neben
ihn sitzenden Freund Kardinal Jorge Mario Bergoglio, umarmte ihn und sprach diese
Worte. So erzählte Papst Franziskus bei seiner ersten Audienz im März 2013 vor Journalisten
und Medienvertretern den Moment seiner Wahl. Die Armen liegen Papst Franziskus, der
sich eine „arme Kirche für die Armen“ wünscht, besonders am Herzen. Doch auch seine
Vorgänger haben sich des Themas und seiner vielfältigen Ausprägungen immer wieder
angenommen. Die Fotoausstellung „Why Poverty?“ hat Gedanken der Päpste über Armut
mit Bildern zum Thema verbunden. Die Schau wurde von Radio Vatikan gemeinsam mit der
Europäischen Rundfunkunion (EBU) auf die Beine gestellt. „Die Liebe zu den Armen
und die Nachahmung des armen Christus – zwei untrennbar miteinander verbundene Elemente,
die beiden Seiten ein und derselben Medaille“ (Papst Franziskus, Heilige Messe
in Assisi, 4. Oktober 2013) „Die Armen dürfen nicht als eine ,Last’ angesehen
werden, sondern als eine Ressource.“ (Benedikt XVI., Caritas in Veritate,
n.35) „Die Liebe wird am konkretesten den Armen […] gegenüber sichtbar.“ (Johannes
Paul II., Dives in Misericordia, n. 9) Solche und ähnliche Zitate verschiedener
Päpste sind derzeit im Foyer von Radio Vatikan in Rom zu lesen. Sie hängen neben 30
Fotos, die in schwarz-weiß oder Farbe Armut zeigen: Obdachlose am Bahnhof, in der
Fußgängerzone oder einfach irgendwo auf der Straße. Kinder und Familien, junge wie
alte Menschen in Baracken. „Why Poverty?“ – „Warum gibt es Armut?“ heißt die Foto-Schau.
Stefano Leszczynski von Radio Vatikan hat die Ausstellung, die schon seit 2012 geplant
ist, organisiert. Er erzählt im Gespräch mit uns, dass die Kulturinitiative „Prospettiva
otto“, ein Zusammenschluss von nicht-professionellen Fotografen, ihre Werke zum Thema
„Armut“ kostenlos für die Ausstellung beisteuerte. Das Besondere daran: „Diese
Fotografien haben keinen Ort und kein Datum, nur einen Satz von einem Papst als Beschreibung.
Damit die Leute darüber nachdenken können, was wir mit Armut wirklich meinen. Armut
ist die Grenze zwischen Leben und Sterben. Und das ist heute sehr wichtig, weil Armut
ein Wort ist, das sehr relativiert wird: Wir geben diesem Wort nicht die richtige
Wichtigkeit. Hier können wir sehen, was Armut in der Welt wirklich bedeutet.“ Die
Linderung des Leidens der Armen, der Kampf gegen Armut – das ist schon lange ein Anliegen
der Kirche, und Papst Franziskus habe das Thema neu belebt. Stefano: „Die Kirche
hat immer für die Schwachen gearbeitet, und sie hat immer für sie gesprochen. Deshalb
haben wir so viele Worte über Armut von allen Päpsten des letzten Jahrhunderts.“ Mit
der Ausstellung sollen die Leute auf das Problem der Armut auf der ganzen Welt und
auch direkt in ihrer Nähe aufmerksam gemacht werden. Wenn die Fotos am 14. Dezember
im Eingangsbereich von Radio Vatikan wieder abgehängt werden, sollen sie deshalb auch
nicht einfach in einer Schublade verschwinden. Als Wanderausstellung in verschiedenen
römischen Kirchen soll weiter für das Thema sensibilisiert werden. Felicitas Rother
lebt in Rom und ist Mitglied bei der „Prospettiva otto“. Sie haben die Szenen auf
den großformatigen Fotos bereits zum Nachdenken gebracht: „Ich fand es schon
mal sehr gut, dass bei den einzelnen Fotos nicht geschrieben wurde, wo sie gemacht
worden sind, sondern dass man die Worte einigen Päpsten überlassen hat. Und das Ganze
damit gezeigt hat, dass die Armut überall in der Welt ist und dass das nicht auf irgendwelche
Kontinente beschränkt ist, sondern dass wir sie überall haben und dass wir sie eigentlich
überall irgendwie bekämpfen sollten, etwas dafür tun sollten, dass was geändert wird.“ Die
Besucherin ist davon überzeugt, dass Papst Franziskus viele Leute auf das Thema Armut
aufmerksam machen kann. Das riesige Interesse am Papst könne hier ja vielleicht Anschub
für ein neues Bewusstsein sein, hofft sie. Viel zu oft seien den Menschen solche Probleme
ja „herzlich egal“, so Rother: „Armut sehen wir täglich, Armut sehen wir überall.
Wir müssen nicht weit reisen, um Armut zu sehen. Wir sind umgeben von Armut, wir müssen
nur die Augen aufmachen. Das ist unser Problem – wir sehen gerne darüber hinweg, so
ist es.“ (rv 12.12.2013 sta)