Gewalt und Chaos in der Zentralafrikanischen Republik: Mindestens 130 Menschen sind
bei Kämpfen zwischen Milizen und Sicherheitskräften am Donnerstag in der Hauptstadt
Bangui getötet worden. Ab diesem Freitag nun patrouillieren französische Soldaten
im UNO-Auftrag durch Bangui. Im März hatten islamistische Séléka-Rebellen den Präsidenten
Francois Bozizé gestürzt und die Macht übernommen; weil es immer wieder zu Kämpfen
kam, sind im ganzen Land christliche Milizen und Selbstverteidigungsgruppen entstanden.
In Bangui herrscht Durcheinander und Anarchie; Tausende Menschen, vor allem Frauen
und Kinder, sind vor der Gewalt in Kirchen geflohen. Frage an den Generalsekretär
der Caritas von Zentralafrika, Pater Elisée Guendjange: Ist das ein Konflikt zwischen
Muslimen und Christen?
„Man muss zugeben: Es gibt den Versuch, die Religion
zu instrumentalisieren. Einige Elemente, die so denken, haben sich in die Reihen der
„Anti-Balaka“ eingeschlichen. Diese „Anti-Balaka“ sind junge Leute, deren Frauen vergewaltigt,
deren Mütter getötet wurden, auch einige von ihnen selbst sind vergewaltigt worden.
Das alles wollen sie nicht länger hinnehmen, und darum haben sie diese Gruppen gegründet,
die sich den Séléka entgegenstellen. Ihre Forderungen sind sicher gerechtfertigt,
aber einige unter ihnen drängen sie auch dazu, gegen unschuldige Muslime vorzugehen.
Und auf der anderen Seite haben auch Muslime Plünderungen durch Séléka-Leute über
sich ergehen lassen müssen. Das ist genau das Risiko, in diesem Moment: Da werden
zwei religiöse Gruppen gegeneinander in Stellung gebracht. Dabei gibt es zwischen
ihnen eigentlich noch keinen Konflikt, auch nicht in Bangui.“
Ob die Zentralafrikanische
Republik derzeit in einen Bürgerkrieg rutscht, weiß Pater Elisée noch nicht zu sagen.
Er fühle sich wie „unter ausländischer Besatzung“, sagt er, denn viele der Bewaffneten,
die er sehe, kämen aus dem Tschad oder aus dem Sudan. Die Kirchen und überhaupt die
religiösen Gruppen seien mit den Politikern in Bangui im Gespräch. Aber auch mit den
Séléka-Rebellen?
„Das ist ein bisschen schwierig. Als wir neulich nach Bossangoa
zu einem Gespräch zwischen Religionsleuten und Politikern kamen, da wurde der Imam
nicht von der Séléka akzeptiert. Einer von ihnen sagte: Lasst mich doch in Ruhe mit
all dem! Wir haben den Eindruck, dass die sich von einem Imam nichts sagen lassen
wollen. Das ist schwerwiegend.“
Es könnte u.a. bedeuten, dass unter der
Séléka – die offiziell eigentlich aufgelöst ist – Söldner sind. Auch von Kindersoldaten
ist die Rede. Wie reagieren die Rebellen jetzt auf die Ankunft französischer Soldaten
in Bangui?
„Im Moment haben sie Angst. Einige haben die Flucht ergriffen.
Seit sechs Tagen gab es Sudanesen in Yaloké, einer Provinz 225 km von Bangui entfernt.
Als sie hörten, dass französische Soldaten kämen, sind sie in ihre Jeeps gestiegen
und weggefahren; die Leute, die sich in die Savanne geflüchtet hatten, kommen wieder
zurück. Es war eine große Erleichterung für die Menschen, die sich wie Geiseln gefühlt
hatten.“
Der UNO-Sicherheitsrat in New York hat am Donnerstag einen ausgeweiteten
Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik gebilligt. Nach dem einstimmigen
Votum der 15 Mitglieder sollen französische Soldaten die Einsatzkräfte der Afrikanischen
Union, die schon im Land sind, unterstützen.