Vorhof der Völker: Nicht immer gleich mit dem Anwalt kommen
Wenn Gläubige sich
durch ein Theaterstück oder ein Kunstwerk in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen:
sollen sie sich mit rechtlichen Schritten wehren? Der Präsident der Deutschen Akademie
für Sprache und Dichtung, Heinrich Detering, rät davon ab. Im Gespräch mit Radio Vatikan
in Berlin sagte Detering: „Ich habe sehr viel Verständnis für die Affekte, aus denen
heraus Menschen erregt sagen: Das sollte doch verboten werden! Aber sobald die Affekte
abgeklungen sind und eine gewisse Beruhigung eingetreten ist, sollten die Menschen
noch einmal in sich gehen und überlegen, welche Art von Blasphemie wir eigentlich
vor uns haben, denn dieses Wort umfasst ja sehr unterschiedliche Äußerungsformen und
Äußerungsabsichten.“ Auch die Heilige Schrift sei „voll von Stellen, die „gewissermaßen
blasphemisch sind“, so der Germanist und Lyriker. Viele hielten etwa den Schrei Jesu
am Kreuz „für einen blasphemischen Ausruf“.
Auch er fühle sich manchmal von
Schlagzeilen oder Titelbildern in seinen religiösen Gefühlen gekränkt, so Detering.
„Nehmen wir an, ich wäre ein Bischof, der sich durch eine Titanic-Titelseite beleidigt
fühlt und auch nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss kommt: Eigentlich kann das
nur beleidigend gemeint sein, es kränkt mich. Dann wünschte ich, dass diese Person
auch öffentlich sagt: Das tut mir weh, das beleidigt mich, das finde ich zum Kotzen.
Hier darf man – muss man manchmal sogar – auch einen groben Keil auf einen groben
Klotz setzen, das ist absolut angemessen und richtig. Nur nicht zu zartfühlend sein
an den falschen Stellen!“ Bevor man die Gerichte bemühe, solle man aber „möglichst
lange abwarten“.