Vorhof der Völker in Berlin: Der Christ als Pharisäer
Der Soziologe Hans
Joas glaubt nicht, dass religiöse Menschen die moralisch besseren sind. „Der Gläubige
würde sagen: Das klingt für mich verdammt nach dem Pharisäer“, sagte er am Rand des
„Vorhofs der Völker“ in Berlin gegenüber Radio Vatikan. „Und der Pharisäer schneidet
ja im Evangelium nicht gerade positiv ab.“ Auch als Soziologe müsse er bei einer solchen
Frage differenzieren, „welche Gläubigen welches Verhalten zeigen“. Zwar rieten alle
Religionen „zu einem Verhalten im Alltag, das über den bloßen Eigennutz hinausgeht“,
doch ob das wirklich „allen Menschen“ zugutekommen solle „und nicht nur meiner eigenen
Familie, meinem eigenen Volk oder meiner eigenen Religionsgemeinschaft“, müsse wieder
genau untersucht werden.
„Die Gläubigen können nicht empirisch begründet von
sich denken, sie seien die besseren Menschen“, so Joas. „Und selbst, wenn sie es wären,
würde ich sagen: Sie dürfen es aus theologischen Gründen nicht.“