Päpstlicher Dialograt zum König-Abdullah-Zentrum: „Wir erwarten Glaubwürdigkeit“
Mit einer Rede von
Kardinal Jean-Louis Tauran, mit Plädoyers zur Überwindung religiös-kultureller Vorurteile
sowie der Versicherung der Solidarität mit den Taifunopfern auf den Philippinen ist
am Montag in Wien die „Global Forum“-Konferenz des Wiener King-Abdullah Dialogzentrums
KAICIID eröffnet worden. Mehr als 490 Teilnehmer aus 90 Ländern nehmen noch bis Dienstagabend
daran teil, darunter der Präsident des Lutherischen Weltbunds, Bischof Mounib Younan,
der Pariser orthodoxe Metropolit Emmanuel Adamakis und der Präsident des Internationalen
Jüdischen Komitees für Interreligiöse Beratungen (IJCIC), Rabbiner David Rosen. Radio
Vatikan fragte den Präsidenten des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog nach
seinen Eindrücken. Tauran:
„Ich bin beeindruckt von der Qualität der Beiträge
hier. Und was wichtig war: Der Akzent wurde auf die Notwendigkeit gesetzt, die Werte
dieses Zentrums den jungen Generationen zu vermitteln, insbesondere geht es hier um
Unterricht in den Schulen und den Gebrauch der modernen Massenmedien, um eine neue
Generation heranzubilden, die sich darüber bewusst ist, dass die Auseinandersetzung
ein Reichtum ist – Vielfalt ist Reichtum.“
Das von Saudi Arabien finanzierte
König-Abdullah-Zentrum will den jungen Generationen nach eigenen Angaben eine „objektive,
ehrliche und richtige“ Sicht auf Angehöriger anderer Religionen und Ethnien vermitteln.
Religion ohne Angst und Überlegenheitsgefühl Vatikan-Vertreter
Tauran hob die Wünsche des Papstes für ein Gelingen der Konferenz hervor und zeigte
sich in seiner Ansprache besorgt über die Missachtung der Menschenwürde durch die
Wirtschaft. In der globalisierten Welt würden Menschen oft nur nach ihrem Erscheinungsbild
und ihrer ökonomischen Leistung beurteilt. Bedroht sei die Würde des Menschen aber
auch von gewissen Entwicklungen in der Biotechnologie, wo der Mensch als bloßes Objekt
behandelt werde. Eine der Aufgaben des KAICIID-Dialogzentrums könnte sein, der „Intelligenz
des Herzens“ Gehör zu verschaffen, sagte der französische Kurienkardinal. Die innere
Intelligenz „inspiriert uns, zu respektieren, was Gott in jedem menschlichen Herz
vollbringt, und gleichzeitig das Geheimnis zu respektieren, das jedes menschliche
Wesen darstellt“. Dieses Hören des Herzens führe auch dazu, absolut zu vermeiden,
dass die Religion „Furcht verbreitet und mit der Sichtweise der eigenen Exklusivität
und der eigenen Überlegenheit einhergeht“.
Neben Kardinal Tauran ist vom päpstlichen
Dialograt der spanische Combonianer-Ordensmann Pater Miguel Angel Ayuso Guixot bei
der Konferenz mit dabei. Der Sekretär des päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog
sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Die Unterstützung des Heiligen Stuhls
für diese Initiative und den saudischen Monarchen versteht sich als Ermutigung dazu,
auf dem Weg weiterzugehen, die Menschenwürde anzuerkennen und zu schützen, ebenso
wie die dazugehörenden fundamentalen Rechte, insbesondere die Religionsfreiheit. (...)
König Abdullahs Initiative wird von den Regierungen von Österreich und Spanien unterstützt,
unter Mitwirkung des Heiligen Stuhls als Beobachter. Und jeder erwartet, dass hier
eine ehrliche Sicht und Glaubwürdigkeit vermittelt wird.“
KAICIID-Generalsekretär
Faisal A. Bin Muammar erinnerte bei der Konferenzeröffnung am Montag daran, dass am
Beginn der saudischen Dialoginitiative die Begegnung des Monarchen des wahabitischen
Königreichs, König Abdullah Bin Abdulaziz, mit Papst Benedikt XVI. am 6. November
2007 gestanden sei. Bin Muaammar verwies auf das Spezifische, das Wien als Standort
des KAICIID mit sich bringe: „Wien ist die Stadt der Musik und der Dirigenten, und
auch im Dialog müssen wir wie Dirigenten vorgehen. Wir müssen mit der Musik vertraut
sein, wir haben sie aber nicht selbst geschrieben.“ Der frühere saudische Vize-Bildungsminister
hob hervor, dass aktuell die Katastrophe auf den Philippinen zeige, wie stark die
Menschheit über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg verbunden sei. Es gelte, diese
Kräfte der Zusammengehörigkeit durch Austausch von Expertise zu stärken und zu mobilisieren.
Proteste christlicher Menschenrechtsgruppen Die Eröffnung
des „Global Forum“ des KAICIID war von Protesten von christlichen Menschenrechtsgruppen
vor dem Konferenzort, dem Wiener Hotel Hilton-Stadtpark, begleitet. Kritiker des Zentrum
sehen das deklarierte Anliegen der Einrichtung im krassen Widerspruch zur eingeschränkten
Religionsfreiheit in Saudi-Arabien selbst: Drei Millionen Christen – vor allem philippinische
Gastarbeiter – haben dort kein Recht auf Kirchen und ein öffentliches religiöses Leben.