Glaubenskongregation gegen Freiburger Handreichung
In die Debatte um
wiederverheiratete Geschiedene hat sich erneut die vatikanische Glaubenskongregation
eingeschaltet. „Die Tagespost“ berichtet von einem Brief von Erzbischof Gerhard Ludwig
Müller an den emeritierten Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. Darin fordert der
Präfekt der Glaubenskongregation, die Freiburger Handreichung zur Seelsorge an wiederverheirateten
Geschiedenen zurückzuziehen.
Müllers Brief ging in Kopie an alle Diözesanbischöfe
in Deutschland. Der Vatikan-Erzbischof bemängelt, dass die Handreichung des Erzbistums
Freiburg den Vorschlag wiederaufgreift, den die oberrheinischen Bischöfe 1993 öffentlich
gemacht hatten. Demnach könnten Betroffene zur „verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung“
kommen, die Sakramente zu empfangen – und diese Entscheidung wäre vom Pfarrer und
von der Gemeinde „zu respektieren“. Erzbischof Müller wörtlich: „Im Gegensatz zu dieser
Auffassung betont das Lehramt der Kirche, dass die Hirten die verschiedenen Situationen
gut unterscheiden und die betroffenen Gläubigen zur Teilnahme am Leben der Kirche
einladen sollen, bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis,
wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen.“ Diese Position
des Lehramts sei wohl begründet. Der Erzbischof warnt vor einer „Verwirrung der Gläubigen
hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe“.
Auch
die in der Freiburger Handreichung vorgesehene „Gebetsfeier“ für geschiedene Gläubige,
die eine neue zivile Verbindung eingehen, hält die Glaubenskongregation für höchst
problematisch. „Feiern dieser Art wurden von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ausdrücklich
untersagt“, betont Müller. Zwar stelle die Handreichung klar, es handle sich dabei
nicht um eine „Quasi-Trauung“, und rät ausdrücklich zu einer schlichten Gestaltung,
„aber der Entwurf bietet dann doch eine Art ,Ritus‘“. „Aufgrund der genannten Divergenzen
ist der Entwurf der Handreichung zurückzunehmen und zu überarbeiten, damit nicht pastorale
Wege offiziell gutgeheißen werden, die der kirchlichen Lehre entgegenstehen“, fordert
Müller.
Der Freiburger Vorstoß führe nicht nur in Deutschland, sondern in vielen
Teilen der Welt zu Verunsicherungen, schreibt der Präfekt der Glaubenskongregation.
Deshalb habe er Papst Franziskus darüber informiert. Nach Rücksprache mit dem Heiligen
Vater sei dann im „L'Osservatore Romano“ vom 23. Oktober ein Artikel erschienen, in
dem er, Müller, die „verbindliche Lehre der Kirche in dieser Frage“ zusammengefasst
habe.
Aus Deutschland allerdings erhält Erzbischof Müller Einspruch von Kardinal
Reinhard Marx. Der Erzbischof von München und Freising, der auf Wunsch Papst Franziskus´
dem achtköpfigen Kardinalsrat zur Kurienreform angehört, kritisierte am Donnerstag
vergangener Woche den Präfekten der Glaubenskongregation öffentlich. Mit Blick auf
die Debatte über den Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen sagte
Marx in Freising wörtlich: „Der Präfekt der Glaubenskongregation kann die Diskussion
nicht beenden“. Erzbischof Müller habe die derzeitige Position der Kirche ausführlich
dargestellt. „Wir werden erleben, dass das diskutiert wird in der ganzen Breite; mit
welchem Ergebnis, weiß ich nicht“, sagte Marx. Anders als Erzbischof Müller hält der
Kardinal von der Isar die Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
in der Kirche für offen.