2013-10-27 11:13:38

Die Papstpredigt im Volltext


Liebe Familien, liebe Brüder und Schwestern,

die Lesungen dieses Sonntags laden uns ein, über einige grundlegende Merkmale der christlichen Familie nachzudenken.

1. Das erste: die Familie, die betet. Der Abschnitt aus dem Evangelium stellt zwei Arten zu beten heraus, eine falsche – die des Pharisäers – und eine andere, echte – die des Zöllners. Der Pharisäer verkörpert eine Haltung, die nicht den Dank an Gott für seine Wohltaten und seine Barmherzigkeit, sondern vielmehr Selbstzufriedenheit ausdrückt. Der Pharisäer fühlt sich gerecht, er fühlt sich in Ordnung und verurteilt die anderen von der Höhe seines Podestes aus. Der Zöllner dagegen macht nicht viele Worte. Sein Gebet ist demütig, nüchtern, durchdrungen von dem Bewusstsein der eigenen Unwürdigkeit, der eigenen Schwächen: Dieser Mann bekennt, dass er der Vergebung Gottes bedarf.
Das Gebet des Zöllners ist das des Armen, es ist das Gebet, das Gott gefällt, es »dringt durch die Wolken«, wie die erste Lesung sagt (Sir 35,21), während das des Pharisäers beschwert ist vom Ballast der Eitelkeit.
Im Licht dieses Wortes möchte ich euch, liebe Familien, fragen: Betet ihr manchmal in der Familie? Einige ja, ich weiß es. Aber viele sagen mir: Wie kann man das tun? Das Gebet ist etwas Persönliches, und dann gibt es nie einen passenden, ruhigen Moment… Ja, das stimmt, aber es ist auch eine Frage der Demut, zu bekennen, dass wir Gott brauchen, wie der Zöllner! Und es erfordert Einfachheit! Gemeinsam am Tisch das „Vaterunser“ beten, das ist möglich. Und gemeinsam in der Familie den Rosenkranz beten ist sehr schön und gibt viel Kraft! Und füreinander beten!

2. Die zweite Lesung gibt uns eine weitere Anregung: Die Familie bewahrt den Glauben. Der Apostel Paulus zieht am Ende seines Lebens eine grundlegende Bilanz: »Ich habe den Glauben bewahrt« (2 Tim 4,7). Aber wie hat er ihn bewahrt? Nicht in einem Tresor! Er hat ihn nicht in der Erde versteckt wie jener faule Knecht. Der heilige Paulus vergleicht sein Leben mit einem Kampf und einem Lauf. Er hat den Glauben bewahrt, weil er sich nicht darauf beschränkt hat, ihn zu verteidigen, sondern er hat ihn verkündet, ausgestrahlt, in die Ferne gebracht. Er hat sich entschieden denen widersetzt, die die Botschaft Christi innerhalb der Grenzen Palästinas bewahren, ihn „einbalsamieren“ wollten. Dafür hat er mutige Entscheidungen getroffen, ist in feindliche Gebiete gegangen, hat sich von den Fernstehenden, von anderen Kulturen provozieren lassen, hat freimütig ohne Angst gesprochen. Der heilige Paulus hat den Glauben bewahrt, weil er ihn, wie er ihn empfangen hatte, weitergegeben hat, indem er bis an die Peripherien vorgedrungen ist, ohne sich in Verteidigungspositionen zu verschanzen.
Auch hier können wir uns fragen: In welcher Weise bewahren wir den Glauben? Behalten wir ihn für uns, in unserer Familie, wie ein Privateigentum, oder verstehen wir, ihn zu teilen durch das Zeugnis, durch Aufnahmebereitschaft, durch die Öffnung gegenüber den anderen? Wir alle wissen, dass die Familien, besonders die jungen, oft in Eile, gleichsam im „Wettlauf“ mit der Zeit sind und sehr viel zu tun haben; aber denkt ihr auch manchmal daran, dass dieser „Wettlauf“ auch der des Glaubens sein kann? Die christlichen Familien sind missionarische Familien im alltäglichen Leben, indem sie ihren Alltagsbeschäftigungen nachgehen und in alles das Salz und den Sauerteig des Glaubens hineingeben!

3. Einen letzten Aspekt gewinnen wir aus dem Wort Gottes: die Familie, die die Freude lebt. Im Antwortpsalm heißt es: »Die Armen sollen es hören und sich freuen« (34,3). Dieser ganze Psalm ist ein Lobgesang an den Herrn, der Quelle der Freude und des Friedens. Und was ist der Grund dieser Freude? Es ist dieser: Der Herr ist nahe, er erhört das Rufen der Demütigen und befreit sie vom Bösen. Das schrieb auch der heilige Paulus: »Freut euch im Herrn zu jeder Zeit … der Herr ist nahe!« (Phil 4,4-5).
Liebe Familien, ihr wisst es genau: Die wahre Freude, die man in der Familie genießt, ist nicht etwas Oberflächliches, kommt nicht von den Dingen, von günstigen Umständen… Die wahre Freude kommt aus einer tiefen Harmonie zwischen den Menschen, die alle im Herzen spüren und die uns die Schönheit des Zusammenseins, der gegenseitigen Unterstützung auf dem Weg des Lebens empfinden lässt. Doch das Fundament dieses Gefühls tiefer Freude ist die Gegenwart Gottes in der Familie, seine aufnahmebereite, barmherzige, respektvolle Liebe allen gegenüber. Allein Gott weiß die Harmonie der Verschiedenheiten zu schaffen. Wenn die Liebe Gottes fehlt, verliert auch die Familie ihre Harmonie, setzen sich die Individualismen durch und erlischt die Freude. Die Familie, hingegen, welche die Freude des Glaubens lebt, gibt sie spontan weiter, ist Salz der Erde und Licht der Welt, ist Sauerteig für die Gesellschaft.
Liebe Familien, lebt stets im Glauben und in der Einfachheit wie die heilige Familie von Nazareth. Die Freude und der Friede des Herrn seien immer mit euch!

(rv)








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