2013-09-26 15:30:19

Syrien/Libanon: „Die Alten nicht aus dem Blick verlieren“


RealAudioMP3 Kirchenführer aus Syrien und dem Libanon beraten in diesen Tagen mit Papst Franziskus und mit den Dikasterien im Vatikan über die dramatische Situation in der Region. Der Papst rief beim gemeinsamen Gottesdienst mit den nahöstlichen Bischöfen am Mittwoch zu intensivem Gebet um Frieden und Versöhnung auf, wie die Schweizer katholische Nachrichtenagentur apic am Donnerstag berichtete. Um die Menschen vor Ort und um die Flüchtlinge kümmern sich unterdessen weiterhin auch kirchliche Hilfswerke. Im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio erklärte Oliver Müller von „Caritas International“:
„Wir können den Konfliktopfern in Syrien selbst helfen, aber auch in den Hauptaufnahmeländern, wo die Flüchtlinge sich jetzt erst einmal in Sicherheit gebracht haben, wie im Libanon und in Jordanien. Die Hilfe besteht zunächst in sehr vielen materiellen Dingen, die die Flüchtlinge brauchen. Oft haben sie nichts mehr außer dem, was sie am Leibe tragen. Das heißt wir helfen mit Kleidung, Decken, Unterkünften. Gleichzeitig spielt auch die psychologische und seelsorgliche Betreuung der Flüchtlinge eine große Rolle: viele von ihnen haben Grauenvolles erlebt, das sie verarbeiten müssen. Wir nehmen auch speziell die Kinder in den Blick, die Unterstützung brauchen. Da ist es ganz wichtig, möglichst bald wenigstens ein gewisses Maß an Normalität wieder herzustellen – zum Beispiel, indem man ihnen den Schulbesuch ermöglicht.“
Doch nicht nur die Kinder brauchen spezielle Hilfe, gleiches gilt auch für die Alten und Kranken unter den mehr als vier Millionen syrischen Flüchtlingen. Sie werden oft vergessen, dabei haben gerade die über 60-Jährigen besondere Unterstützung nötig. Darauf macht im Gespräch mit Radio Vatikan Claire Catherinet aufmerksam. Sie kümmert sich derzeit zusammen mit den Hilfswerken „HelpAge International“ und „Handicap International“ besonders um die ältere Gruppe der syrischen Flüchtlinge im Libanon:
„Ich kann Ihnen sagen, dass nach UN-Angaben aktuell etwa zwei Prozent der registrierten syrischen Flüchtlinge hier im Libanon älter als 60 Jahre sind. Das ist zwar nur ein kleiner Teil unter den Flüchtlingen, aber trotzdem darf man sie nicht vernachlässigen.“
Da viele ältere Flüchtlinge aus gesundheitlichen Gründen oft auch nicht in der Lage seien, zu den Registrierungszentren zu gehen, geht Catherinet außerdem von weitaus mehr alten und kranken syrischen Flüchtlingen aus. Gerade im Libanon ist die Lage für die Flüchtlinge schon generell nicht leicht: Da der Libanon die Flüchtlingskonvention von 1961 nicht unterschrieben hat, werden die meisten Syrer mehr schlecht als recht in formlosen Zeltstädten oder unfertigen Gebäuden untergebracht. Besonders für die Flüchtlinge, die nun schon seit längerer Zeit im Libanon sind, sei die Situation dramatisch, da sie all ihre Ersparnisse schon lange aufgebraucht hätten, berichtet Catherinet. Die älteren Flüchtlinge seien komplett von der humanitären Hilfe abhängig:
„Mehr als 90 Prozent der über 60-Jährigen ist nicht in der Lage, die nötigen Medikamente zu bezahlen. Das heißt, dass sie entweder selbst zurück nach Syrien müssen, um sich ihre Medikamente dort zu besorgen, oder, was häufiger der Fall ist, da sie sich selbst kaum noch bewegen können, dass sie Verwandte schicken. Es herrscht also ein reges Kommen und Gehen zwischen Libanon und Syrien, um nötige Medikamente zu besorgen, denn im Libanon können sie sich diese einfach nicht leisten. Das ist wirklich ein sehr großes Problem, besonders für chronisch Kranke.“
Einige Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen versuchten zwar, sich dieses Problems anzunehmen, aber das reiche noch lange nicht aus. Es seien mobile Kliniken und mobile Ärzte nötig, da die medizinischen Versorgungszentren für die Flüchtlinge oft sehr weit entfernt seien, erläutert die Helferin. Vor allem kranke und alte Flüchtlinge in kleinen Städten oder Dörfern seien viel zu weit weg von Krankenhäusern und Kliniken. Zu den vielen physischen Problemen kämen oft auch noch physische:
„Die Flüchtlinge sind an sich schon sehr viel physischem und psychischem Stress ausgesetzt, schon alleine durch das, was sie in Syrien erlebt haben: sie kommen aus einer Kriegssituation, sie haben Bomben, Gewalt und all diese schrecklichen Dinge erlebt. Wenn sie dann im Libanon ankommen, in einem Land, das sie nicht kennen, ohne finanzielle Mittel, einfach ohne irgendetwas, wo sie unter schwierigsten Bedingungen leben müssen, ist das wirklich eine sehr, sehr harte Situation.“
Generell stehe der Flüchtlingshilfe im Libanon deshalb noch sehr viel Arbeit bevor. Es sei außerdem nötig, mehr für die Probleme der Älteren und Kranken zu sensibilisieren. Leichte Besserung gebe es da zum Glück schon: „Die Alten und Kranken rücken immer mehr in den Blick“, meint Claire Catherinet zuversichtlich.
(rv/münchner kirchenradio/kap 26.09.13 sta)








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