Mit 1,8 Milliarden
Euro wollen die EU-Staaten und andere Geberländer dem afrikanischen Krisenstaat Somalia
helfen, Bürgerkrieg und Armut hinter sich zu lassen. Der so genannte „New Deal“-Plan
für Somalia, über den am Montag in Brüssel entschieden wurde, soll in den kommenden
drei Jahren die Sicherheitslage verbessern, das Justiz- und Finanzwesen reformieren
und die Wirtschaft ankurbeln.
„Es ist jetzt an der Zeit, dass Somalia ein
Beispiel dafür wird, wie ein kriegsgeplagtes Land Spaltungen überwinden und Frieden
und nationale Versöhnung verbreiten kann“, zeigte sich EU-Kommissionspräsident José
Manuel Barroso zuversichtlich. Der Apostolische Administrator von Mogadischu und Bischof
von Dschibuti begrüßt die neuen Hilfen. Im Interview mit Radio Vatikan erinnert Giorgio
Bertin jedoch daran, dass die Verwendung der Gelder im Land genau verfolgt werden
müsse – zu viel Hilfen seien in Somalia schon in korrupte Hände gefallen.
„In
der Vergangenheit wurden Gelder gegeben ohne nachzuvollziehen, wie diese Gelder benutzt
wurden. Die Hoffnung ist, dass die Internationale Gemeinschaft einerseits weiter Somalia
unterstützt, doch die Vergabe dieser Gelder auch überwacht.“
Unter der
somalischen Übergangsregierung wurde über die letzten zwei Jahre versucht, in dem
Land, das über zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg erlebte, wieder staatliche Strukturen aufzubauen.
Über den Versuch, für mehr Sicherheit im Land zu sorgen, sei der „neue Staat“ jedoch
bis heute kaum hinausgekommen, bilanziert Bischof Bertin. Zu sehr hätten die jungen
Institutionen immer noch mit Chaos und Gewalt zu kämpfen:
„Die politische
Situation ist nach wie vor fragil. Fragil, da die neuen föderalen Institutionen, die
ungefähr vor einem Jahr eingerichtet wurden, immer noch gewalttätig angegriffen werden,
insbesondere durch die al Shabaab-Rebellen, und sie haben auch noch keine Wirkung
in der Bevölkerung gezeigt. Sie haben sich zunächst um die Sicherheit gekümmert, doch
die Bevölkerung braucht auch Dienstleistungen. Die entstehenden staatlichen Strukturen
müssen sich also jetzt auch mehr dem sozialen Bereich widmen.“
Bei „sozialem
Bereich“ denkt der Bischof an Basisarbeit wie Gesundheitsversorgung, Ernährungssicherheit
und Schulen. Bislang sind es vor allem ausländische humanitäre Organisationen und
die kirchliche Caritas, die die Bevölkerung hier unterstützen – so gut das eben geht:
Wegen der Gefährdung durch Terroristen hat die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“
etwa das Land vor kurzem verlassen. Doch nicht nur Anarchie und Gewalt haben in Somalia
bislang verhindert, dass solide staatliche Sozialstrukturen entstehen konnten, berichtet
Bertin. Not macht bekanntlich erfinderisch – leider in dem Fall zum Nachteil des Staates:
„Es
hat sich eine bestimmte Schicht herausgebildet, die unternehmerisch ist, und die Schwierigkeiten
hat, den Sinn der staatlichen Strukturen zu verstehen: das sind verschiedene lokale
Organisationen, die soziale Dienstleistungen anbieten und die damit ihren Lebensunterhalt
bestreiten. Jetzt müsste man den öffentlichen Dienst, den es von Staatsseite aus braucht,
mit den Interessen dieser privaten Anbieter versöhnen. Private Initiativen dürfen
ja nicht gegen den Aufbau des Staates gehen.“
Was heißt es überhaupt,
einen funktionierenden Staat zu haben? An diese Frage müsse sich die Bevölkerung in
Somalia erst wieder gewöhnen, wenn sich auch der Großteil der Bevölkerung nach Ruhe
und Ordnung sehne. „Wir hatten nicht 23 Jahre Krieg, sondern Anarchie“, bringt es
Bischof Bertin auf den Punkt. Und er weiß gut, dass die internationale Hilfe auch
hier ansetzen muss.