Zu einem „brüderlichen
Besuch“ ist Kurienkardinal Giovanni Lajolo in das Bistum Limburg gereist. Die Visite
des früheren Nuntius in Deutschland ist, wie der Vatikan präzisiert, ausdrücklich
keine „Apostolische Visitation“, sondern ein so genannter „brüderlicher Besuch“. Eine
Unterscheidung von Stefan Kempis.
Apostolische Visitationen sind offizielle
Untersuchungen, die im Auftrag des Papstes in Bistümern, bei Ordensgemeinschaften
oder in kirchlichen Einrichtungen durchgeführt werden. Zuständig für ihre Ausführung
ist im Vatikan die Bischofskongregation. Das Kirchenrecht definiert den Papst als
obersten Richter, der persönlich oder durch Delegierte in allen Streitfällen oder
Streitfragen eingreifen und sie auch entscheiden kann. „Der Papst hat kraft seines
Amtes nicht nur Gewalt in Hinblick auf die Gesamtkirche, sondern besitzt auch über
alle Teilkirchen und deren Verbände einen Vorrang ordentlicher Gewalt“ (Kodex des
kirchlichen Rechts CIC, Can. 333 Paragraph 1). Zur Bandbreite möglicher Verfahren,
mit denen der Papst das Geschehen in der Weltkirche steuert, gehören neben den Visitationen
auch das Entsenden von Beauftragten und die ad limina-Besuche, die Bischöfe einer
Ortskirche regelmäßig in Rom abstatten. Führt der Vatikan offiziell eine Apostolische
Visitation durch, dann reagiert er damit in der Regel auf schwere Krisen in einer
Ortskirche. Berühmte Vatikan-Untersuchungen dieser Art betrafen in jüngerer Vergangenheit
zum Beispiel die irische Kirche nach den Missbrauchsskandalen und den Dachverband
von US-Frauenorden.
Im Fall Limburg hat sich der Vatikan aber ausdrücklich
nicht für eine Apostolische Visitation entschieden; damit soll jeder Eindruck einer
Strafaktion gegen Bischof Tebartz-van Elst vermieden werden. Der Heilige Stuhl habe
„volles Vertrauen“ in die Amtsführung des Limburger Bischofs, erklärte der Präfekt
der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet. Lajolos Auftrag ist niedriger angesiedelt:
eben als „brüderlicher Besuch“. Der Begriff kommt in Buch VI und VII des „Codex iuris
canonicis“, soweit ich sehe, gar nicht vor. Gemeint ist eine Art „fact-finding mission“
für Rom: Lajolo soll sich für den Vatikan ein Bild von der Lage machen. Die Amtsgewalt
des Limburger Bischofs bleibt auch während des Besuchs aus Rom unverändert – anders
als das bei einer Visitation der Fall wäre. Weder der Bischof noch seine Kritiker
können die Tatsache, dass der Vatikan einen Kardinal schickt, als Sieg für ihre Seite
verbuchen. Der „brüderliche Besuch“ von Lajolo richtet sich deshalb an alle im Bistum.