Kardinal Marx warnt vor Militäreinsatz: „Gewalt hat noch kein einziges Problem gelöst“
Gerechtigkeit, Versöhnung
und Respekt vor den persönlichen, gemeinschaftlichen und religiösen Rechten müssen
Priorität vor allen anderen Begründungen des Handelns haben. Das schreibt Kardinal
Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Ostkirchen, mit Bezug auf den Konflikt
in Syrien an diesem Donnerstag im Osservatore Romano.
Der deutsche Kardinal
Reinhard Marx warnt ganz explizit vor einem militärischen Eingreifen in Syrien. Bei
einer Pressekonferenz anlässlich des 17. Renovabis-Kongresses am Mittwoch in Freising
nannte er mögliche Szenarien zum Militäreinsatz „absoluten Wahnsinn“. Gewalt löse
kein einziges Problem, vielmehr kämen dadurch weitere hinzu.
„Die Interventionen
des Westens – Afghanistan, Irak, Libyen und so weiter – haben nicht die gewünschten
Folgen. Das müssen wir erst einmal festhalten. Der Irakkrieg wurde von Papst Johannes
Paul II. abgelehnt als ein Krieg unter falschen Voraussetzungen. Die deutschen Bischöfe
haben ihn ebenfalls abgelehnt. Aber er hat stattgefunden und führt dazu, dass viele
Christen den Irak verlassen. Die Christen kommen unter Druck, auch durch diese Intervention.
Nicht beabsichtigt, aber als Folge. In Syrien wird dasselbe passieren. Sie kommen
unter die Räder. Hier schlachten Muslime Muslime ab, und wir unterstützen möglicherweise
Saudi-Arabien und solche Regime, die die Radikalen unterstützen. Was soll das denn
bedeuten? Panzer zu liefern an ein Regime, dass in Syrien die Salafisten unterstützt,
die kein Interesse haben an der Präsenz der Christen? Den Orient zu verstehen
und dann zu sagen ‚Da machen wir mal klar Schiff’, das ist Wahnsinn, absoluter Wahnsinn!“
Er
selber habe keine Antwort darauf und könne die Situation um den Giftgaseinsatz nicht
analysieren, so Marx. Ähnliches gelte auch für andere Länder wie etwa Ägypten.
„Da
können wir jetzt alle schön Stammtischweisheiten von uns geben. Nur, eins ist klar:
Es ist eine riesige Herausforderung. Und Gewalt löst dort nicht ein einziges Problem.
Gar nichts. Durch Gewalt ist bis jetzt kein einziges Problem im ganzen Gebiet dort
gelöst worden.“
Die Kirche müsse nun vor allem auf die Schwachen schauen,
vor allem auf die Christen und die Kirchen, die seit bald 2.000 Jahren dort existierten.
Das sei eine Katastrophe, die Europa angehe, so Marx.
„Wir müssen die Leute
aufnehmen. Wir haben das im Irak erlebt bei den Chaldäern, die jetzt hier sind. Es
ist grauenhaft, dass diese alte Kirche praktisch verschwindet. Das darf doch nicht
passieren! Als Folge einer Politik, die wir mit in Gang gebracht haben! Das Ganze
ist eine einzige Tragödie! Wie soll da Versöhnung wachsen? Ich könnte wirklich heulen.“
Neben
Kardinal Marx melden sich auch weitere Bischöfe gegen den Krieg zu Wort. Erzbischof
Robert Zollitsch fordert, dass die Vereinten Nationen die Führung in der Lösung des
Konfliktes übernehmen müssen, der Münsteraner Bischof Felix Genn sieht die Bedingungen
für einen gerechtfertigten Krieg nicht erfüllt.