Unter den Ausschreitungen
in Ägypten leiden auch die Christen: Fast 50 christliche Kirchen seien insgesamt in
den vergangenen Tagen angegriffen worden oder in Flammen aufgegangen, darunter auch
katholische und protestantische Gotteshäuser. Dies berichtet der Sprecher der katholischen
Bischofskonferenz Ägyptens, Pater Rafic Greiche nach Angaben der Nachrichtenagentur
Agi. Und das ist noch nicht alles: Andere Quellen berichten, das auch Schulen, Klöster
und Geschäfte von Christen immer häufiger angegriffen werden. Radio Vatikan hat mit
dem Bischof von Gizeh, Antonius Aziz Mina, über die Lage vor Ort gesprochen:
„Die
Sorge hier ist sehr groß. Das ganze Volk steht dicht beisammen, abgesehen von den
Muslimbrüdern, die ein Jahr lang an der Macht waren und das schlimmste von sich zeigen.
Laut den Statistiken haben sie nicht mehr als 7.000 Anhänger, aber jetzt kommt heraus,
dass sie mit der terroristischen Al-Kaida in Verbindung stehen und auch mit der Hamas.
Sie interessieren sich nicht für das Land und auch nicht für die Ägypter, ihnen geht
es nur um die Interessen der Muslimbruderschaft. In den vergangenen Tagen wurden weit
mehr als zehn Kirchen abgefackelt, katholische, orthodoxe und protestantische. Sie
glauben, dass sie auf diese Weise die Christen in den Konflikt verwickeln können und
sie versuchen, so Unruhe im Land zu sähen. Die Christen sind sich aber bewusst, dass
ein Preis gezahlt werden muss für die Isolierung der Muslimbrüder und ihrer Fraktion,
die keinerlei Kraft und Erfahrung in der Politik haben. Die einzige Kraft, die diese
Gruppierung hat, ist terroristisch.“
Die Christen seien im Gebet vereint,
auch wenn die Lage vor Ort jeweils sehr unterschiedlich aussehe. Die Situation der
Christen im Libanon, sei beispielsweise nicht mit der Lage der Christen in Ägypten,
im Irak oder in Syrien vergleichbar, so Bischof Mina.
„In Ägypten ist die
Präsenz der Christen groß, auch wenn sie zum Großteil nicht katholisch ist. Aber im
Inneren stehen Katholiken, Orthodoxe und Protestanten eng zusammen. Sie haben die
gleichen Ansichten und wir hören sie alle vereint rufen: ,Nein zum Terrorismus und
dieser Gewalt!’ Dieses ,Nein’ ist sehr friedlich.“
Die Hintergründe der
Situation in Ägypten lassen sich nicht so einfach erkennen, meint Bischof Mina. Die
Wahrheit habe immer viele verschiedene Gesichter. Er vermutet, dass es Leute gibt,
die ein Interesse daran haben, die Muslimbrüder zu unterstützen. Ägypten spiele eine
wichtige Rolle im Nahen Osten, und irgendwer wolle da wohl das Gleichgewicht stören.
Einen Bürgerkrieg sieht der Bischof von Gizeh in seinem Land jedenfalls nicht:
„Hier
herrscht kein Bürgerkrieg! Von Bürgerkrieg spricht man, wenn es zwei sehr klar trennbare
Fraktionen gibt, die aufeinander treffen. Wenn diese Fraktionen friedlich wären, dann
würde keiner irgendetwas sagen. Aber wir sehen hier Verbrennungen, Tortur, Mord und
Zerstörung… Das ist kein Bürgerkrieg!“