Der Weltjugendtag
in Rio de Janeiro ist vorbei, doch Brasilien und die katholische Welt atmen noch den
Geist des bunten Großereignisses mit einem Papst, der Millionen von Pilgern bewegte
und nebenbei die Sicherheit und Behörden in Atem hielt. Ein Abschlusskommentar von
unserer Korrespondentin Anne Preckel.
Franziskus hat der Politik ins Gewissen
geredet, er hat der Kirche des Kontinentes Orientierung gegeben, doch im Herzen dieser
Reise und seiner Botschaft stehen Nähe und Begegnung - und zwar nicht nur „pro forma“.
Bei den ausgedehnten Fahrten durch die Massen im halboffenen Papamobil war Franziskus
ein Papst zum Anfassen, noch mehr in seinem Element war er fernab der bombastischen
Kulissen, beim Zugehen auf Menschen, die am Rande der brasilianischen Gesellschaft
stehen. Franziskus hat mit diesen Treffen von Anfang an Barrieren, auch die des Protokolls,
durchbrochen. Mauern, die in der brasilianischen Gesellschaft leider teilweise nicht
mal bröckeln: Favelas und Luxusvillen, ,allegria brasiliera ‘ und blutige Gewalt,
spirituelle Suche und galoppierender Kapitalismus stehen hier krass nebeneinander.
Der Ruf nach mehr Gerechtigkeit, der jetzt in Brasilien auch eine breitere Schicht
zu erfassen scheint, ist da ein zarter Anfang. „Dialog ist immer möglich“, zeigt sich
dieser Papst überzeugt, und er erklärte gewaltsamen Protesten eine Absage. Die Probleme
der brasilianischen Gesellschaft nannte er beim Namen: das mangelhafte Schulwesen
und Gesundheitssystem, Korruption und Gewalt, den Raubbau an Natur und Mensch im Amazonas-Gebiet.
Es sind seine Gesten, die im Gedächtnis bleiben werden: Rigoros ging Franziskus zu
den Armen, Kranken und Kriminellen, und war dort umso mehr Hirte. Und die Kirche rief
er auf, es ihm nachzutun, Hirte und Seelsorger für das Volk zu sein – daran muss sie
sich für diesen Papst messen lassen. Seine Rede an den lateinamerikanischen Bischofsrates
CELAM am Sonntag kann als Anknüpfung an das Dokument von Aparecida gelesen werden;
sie wird uns noch länger beschäftigen. Und als wäre all das nicht genug, ging der
Papst auch noch spontan in eine Radiostation, wies die modernen Kommunikationsmittel
als „Kanzel“ aus. Hinweis darauf, dass dieser Papst verstanden hat, was Kirche im
21. Jahrhundert auch ist. „Mir tut alles leid, was Begegnung verhindert“, sagte einmal
Jorge Mario Bergoglio. Volksnähe geht auch ohne großen Anlauf und zu viel Panzerglas
– das hat Franziskus in Rio de Janeiro vorgemacht und dafür ist Jugend ein Beispiel:
Der Papst war hier zu Hause.