2013-07-23 12:08:47

Vorbereitung auf den Besuch in Aparecida: „Dieser Papst hört zu“


RealAudioMP3 Stippvisite auf eigenen Wunsch: Papst Franziskus besucht am Mittwoch den Marienwallfahrtsort Aparecida. Dort hatte er 2007 als Kardinal an der Konferenz des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM teilgenommen. Damals formulierten Bischöfe aus ganz Lateinamerika und der Karibik eine pastorale Strategie für ihre Kirchen – unter maßgeblicher Mitwirkung des heutigen Papstes. Auch Bernd Klaschka war 2007 in Aparecida dabei; der Prälat leitet Adveniat, das größte Lateinamerika-Hilfswerk Europas. Im Gespräch mit unserer Korrespondentin in Rio, Anne Preckel, erinnert sich Klaschka an die Tage von Aparecida vor sechs Jahren.

„Während der Versammlung von Aparecida war eines der wichtigen Kennzeichen die morgendliche Eucharistiefeier mit den Menschen dort. Wir haben also als Vollversammlung nicht getrennt von den Menschen Eucharistie gefeiert, sondern mit ihnen in der Basilika, und das war ein wichtiges Element spiritueller Art für die Gestaltung der fünften Vollversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates.

Ich habe den Papst als jemanden erlebt, der gut zugehört hat, auf die Beiträge der Arbeitsgruppen eingegangen ist, sie auch eingebracht hat und sich ihnen gegenüber treu verhalten hat. Als Erzbischof von Buenos Aires und als Präsident der Redaktionsgruppe hat er mit anderen zusammen das Schema, die Gliederung des Schlussdokumentes, erarbeitet. Die Methode war: Sehen, urteilen, handeln. Das war ein genuiner Beitrag lateinamerikanischer Pastoral für das Handeln der Kirche, um sich immer wieder zu fragen: Was will Gott mir in dieser Wirklichkeit eigentlich sagen?

Ich konnte damals einige Gespräche mit Kardinal Bergoglio führen, etwa in den Kaffeepausen oder morgens früh beim Begrüßen. Wenn ich ihn fragte, wie die Arbeit denn so laufe, strahlte er immer eine große Zufriedenheit aus. Er legte Wert auf Partizipation aller Teilnehmenden bei dieser Vollversammlung – nicht nur der Bischöfe, sondern eben auch der Gäste. Ich war zum Beispiel als Geschäftsführer von Adveniat dort zu Gast. Er war immer bemüht, alle zu hören und den Beiträgen gegenüber treu zu sein. Das ist, glaube ich, auch heute ein Punkt, der bei ihm deutlich wird: Er geht auf die Menschen zu, möchte sie hören und möchte ihnen und Gott gegenüber treu sein.“


„Forderungen der Demonstranten sind evangeliumsgemäß“

Welche Probleme und Herausforderungen Lateinamerikas wird der Papst Ihrer Einschätzung nach ansprechen? Was brennt ihm unter auf der Seele?

„Ich glaube, aufgrund auch seiner Erfahrung als Erzbischof von Buenos Aires und als jemand, der die Wirklichkeit in Lateinamerika gut kennt, brennt ihm die Tatsache auf der Seele, dass es hier so viele junge Menschen gibt, die relativ wenig Perspektiven haben für die Zukunft. Wir nennen das in Europa das Problem der Arbeitslosigkeit; es ist in Lateinamerika ständiger Begleiter der jungen Menschen. Sowohl derer, die eine Schul- oder Universitätsausbildung haben, als auch der anderen. Sie alle müssen sehr intensiv darum kämpfen, dass sie eine feste Stelle bekommen. Ich glaube, das ist ihm ein ganz wichtiges Anliegen, Perspektiven für das Leben junger Menschen zu eröffnen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er dies mahnend der Regierung und der Wirtschaft, auch den Gewerkschaften, sagen wird: Dass sie dafür eine große Verantwortung tragen.“

Die brasilianische Präsidentin Dilma Roussef hat ja die Proteste der Jugend hier in Brasilien kurz vor Ankunft des Papstes dann doch ganz positiv gewertet – sind das schöne Worte, oder wird sich jetzt wirklich eine Perspektive ergeben für die jungen Brasilianer?

„Papst Franziskus hat sich laut Zeitungsberichten intensiv über die Lage junger Menschen hier in Brasilien informieren lassen, besonders durch den emeritierten Erzbischof von Sao Paolo, Kardinal Hummes. Und im Anschluss daran hat er ja geäußert, dass die Forderung der Demonstranten hier in Brasilien evangeliumsgemäß seien. Ich halte das für eine ungeheure Äußerung, zu sagen, politische Forderungen entsprächen dem Evangelium! Ich frage mich, welcher Papst das in der Geschichte des letzten und des jetzigen Jahrhunderts getan hat…

Allerdings haben wir als Kirche da eine Grenze: Wir können nur mahnen, können unsere Stimme prophetisch erheben und den Mächtigen ins Gewissen reden aus einer ganz bestimmten Perspektive, nämlich der Perspektive dieser jungen Menschen heraus. Ich glaube, das wird auf Dauer Wirkung zeigen. Auch bei seinem Besuch in Lampedusa habe ich schon eine Wirkung festgestellt: Er hat damit nochmals die politische Diskussion über die Behandlung von Flüchtlingen in Europa in Gang gebracht. Wir meinten ja, wir könnten damit ganz gut umgehen, und die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik war ja auch so ausgerichtet, dass die Probleme in Afrika gelöst werden sollten und in Europa eben nicht. Durch diese Geste hat er eine neue Debatte darüber ausgelöst, und das halte ich schon für einen ganz wichtigen Schritt.“

Prälat Klaschka wird am Mittwoch mit Papst Franziskus in Aparecida konzelebrieren – so wie schon vor sechs Jahren, unter anderen Umständen.

(rv 22.07.2013 sk)








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