Kardinal Scherer hat Verständnis für Proteste in Brasilien
Der brasilianische Kardinal Odilo Scherer befürwortet die sozialen Proteste in seinem
Land, solange sie friedlich blieben. Sie seien ein Zeichen für das politische Erwachen
der Jugend, die dabei in der ersten Reihe stehe. Dies sagte der Erzbischof von Sao
Paolo in der Freitagsausgabe der italienischen Tageszeitung „Avvenire“. „Es ist gut,
dass die Jugendlichen auf die Straße gehen und friedlich demonstrieren. Damit zeigen
sie, dass sie sich auch in der täglichen Wirklichkeit für ihre Forderungen einsetzen
und nicht nur in der digitalen Welt“, so der Kardinal in einem Artikel zum katholischen
Weltjugendtag, der am Dienstag in Rio de Janeiro beginnt.
Das Armutsproblem
in Brasilien werde von Europäern zwar manchmal übertrieben, sagte Scherer; denn die
Wirtschaft sei dort gewachsen: „Doch der Reichtum ist immer noch sehr konzentriert.“
Für das Land bleibe es eine große Herausforderung, allen Bürgern würdige Lebensbedingungen
zu schaffen. Hinzu kommen nach Worten Scherers „strukturelle Probleme“ wie die Gewaltkriminalität,
Untätigkeit der Justiz und der Verfall der Städte. In dieser Situation sei die Kirche
eine Hilfe und eine „lebendige und wirksame Kraft“, die zu einem Bewusstseinswandel
beitragen könne.
In den vergangenen Wochen haben in Brasilien Hunderttausende
für eine bessere Sozialpolitik und mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur
demonstriert. Die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff hat Entgegenkommen signalisiert.
Im Vorfeld des Weltjugendtages nehmen Proteste und Krawalle wieder an Intensität zu.