Zwei Jahre nach dem
schweren Erdbeben in Japan hat Ende Juni das neu gebaute Kinderheim „Fujinosono“ in
Ichinoseki seine Pforten geöffnet, Anfang Juli konnten die Kinder dann ihre neue Bleibe
beziehen. Am 11. März 2011 hatte ein schweres Erdbeben das alte Kinderheim schwer
beschädigt und unbewohnbar gemacht. 45 Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen
Familien finden nun in dem Gebäude, das unter Leitung der Malteser besonders erdbebensicher
errichtet wurde, ein neues Zuhause. Die katholische Ordensschwester Caelina Mauer
leitet das Kinderheim; im Gespräch mit Radio Vatikan lässt sie nochmals die Tage nach
dem Erdbeben, das zur Zerstörung ihres Hauses geführt hatte, Revue passieren.
„Wir
mussten evakuieren und waren eine Woche in der Turnhalle untergebracht. Wir wussten
in dieser Woche nicht, ob wir wieder ins Heim zurückkehren können oder nicht. In dieser
Ungewissheit zu leben… Außerdem hatten wir keinen Strom, Wasser oder Gas, keinen Kontakt
nach außen – Handys zum Beispiel funktionierten nicht – wir waren wirklich von der
Außenwelt abgeschnitten, kann man so sagen.“
Die Kinder hätten mit Panik
auf das schwere Beben reagiert – wie in den Gesprächen danach deutlich wurde, hätten
sich viele in dieser Situation erstmals mit Gedanken an den eigenen Tod konfrontieren
müssen, erzählt Schwester Caelina von den schweren Tagen. Auch der Kontakt mit den
Familien sei sehr schwierig herzustellen gewesen:
„Wir haben Kinder, die
aus sozial schwachen Familien kommen, aber wir haben auch sehr viele, die wegen Misshandlung
bei uns sind. Da ist natürlich der Kontakt mit den Eltern sehr spärlich. Wir haben
zehn Tage gebraucht, um überhaupt feststellen zu können, geht es den Eltern gut, sind
sie wohlauf, ist ihnen nichts passiert… und auch, dass die Eltern wussten, dass es
ihrem Kind gut geht.“
Trotzdem das Kinderheim schwere Schäden davongetragen
hatte, mussten Betreuer und Kinder bald wieder in das Haus einziehen, da es keine
Alternativen gab. Die Betreuer hätten in dieser Zeit den Kindern unermüdlich zur Seite
gestanden und ihnen dabei geholfen, den Schock nach und nach zu überwinden. Hoffnung
habe vor allem das rasche Anlaufen der Hilfen geschürt: Aus mehr als 20 Ländern sei
Hilfe gekommen, aber auch für unsichtbare Hilfe in Form von Gebeten und Solidaritätsbekundungen
sei sie sehr dankbar gewesen, so die Ordensschwester.
„Gleich unmittelbar
nach dem Erdbeben bekam ich einen Anruf aus Tokio von einem guten Bekannten, und der
fragte mich, wie es denn aussieht und ob wir Hilfe benötigten. Ich sagte nur, dass
es eine Katastrophe ist und wir unbedingt Hilfe benötigten. Wenige Tage später kam
dann ein erster Anruf von Malteser International, so dass die über Telefon die ersten
Eindrücke sammeln konnten. Ende April kam dann die Koordinatorin von Malteser International,
so dass das Ganze in Schwung kam. Die Tatsache, dass dieses Projekt in zwei Jahren
und drei Monaten zur Vollendung gekommen ist, und dass die Kinder jetzt wirklich frohen
Herzens in ein neues Kinderheim einziehen konnten, ist wirklich der Erfolg von vielen
Menschen auf der ganzen Welt.“
Die Kinder seien von Anfang an in die Planungen
mit einbezogen worden, so dass das neue Haus auch möglichst weit ihren Vorstellungen
entsprechen konnte, zeigt sich Schwester Caelina zufrieden. Nach der langen Planungs-
und Bauphase hätten sie enthusiastisch auf den neuen Bau reagiert; die Kinder waren
noch vor der offiziellen Eröffnung die ersten, die das Gebäude besichtigen durften
und in einem anschließenden Gesprächskreis ihre Eindrücke schildern konnten:
„Für
viele ist das unheimlich spannend gewesen, einige meinten, es sei der schönste Bau,
den sie je gesehen haben. Und das ist jetzt konkret geworden, nachdem sie umgezogen
sind, und jetzt bekommt man so richtig mit, was das Ganze getragen hat, diese Freude
und Hoffnung auf das neue Zuhause. Ich denke, das ist bei vielen gut aufgenommen worden
und sie sind glücklich, dass sie jetzt in einer Umgebung leben können, in der sie
auch ihre eigene Privatsphäre haben, wo sie aber auch gemeinsame Räume haben, gemeinsam
essen und fernsehen können….“
Vor allem solle das neue Haus jedoch auch
anderen Menschen in einer eventuellen neuen Notlage offenstehen:
„Wir haben
eine Woche lang in der Turnhalle ausgeharrt und haben dann auch von vielen Nachbarn
erfahren, dass sie drei Tage im Auto verbracht haben, weil sie es im eigenen Haus
vor Angst, dass die Decke zusammen bricht, nicht ausgehalten haben. Im Grunde genommen,
die Situation, sich gegenseitig nicht helfen zu können, hat bei uns zu der Reaktion
geführt: jetzt erst recht! Wenn wir schon neu bauen, dann auch für die Zukunft. Das
heißt, dass wir, wenn es zu einem erneuten Erdbeben kommt, auch anderen helfen können,
vielleicht in der Nachbarschaft oder älteren Menschen, Schwangeren und Frauen mit
Kindern - ihnen also wenigstens für einige Tage eine Bleibe geben können.“