Das katholische Hilfswerk
Misereor ist seit langem in Simbabwe aktiv und versuchte im Vorfeld der Wahlen verstärkt,
die Diözesen beim Angebot von politischer Bildung für die Bevölkerung zu unterstützen.
Das sagte uns im Interview die Simbabwe-Länderreferentin des Hilfswerkes, Barbara
Schirmel. Ihrer Auffassung nach sind die kommenden Wahlen vor allem deshalb so bedeutsam,
weil sich das Land an einem Scheideweg befindet:
„Die letzten Wahlen, die
Mugabe ja eigentlich nicht gewonnen hat, sondern vielmehr seinen Sieg durchgedrückt
hat, verliefen sehr blutig, viele Menschen haben sich einschüchtern lassen, sind bedroht
worden und umgekommen… Und da hat sich in der Bevölkerung etwas verändert. Man merkt,
dass die Menschen einen Wandel wollen, eine Öffnung hin zu einem demokratischeren
Verständnis von Regierung zu mehr Transparenz, mehr Zugang zu den Ressourcen des Landes.
Das ist im Prinzip der Geist, der durchscheint, wenn man mit den Menschen spricht,
und daran sind auch relativ hohe Erwartungen geknüpft. Allerdings bezweifle ich, dass
es so problemlos zu diesem Wandel kommen kann.“
Zwar sei positiv zu beurteilen,
dass die mittlerweile nicht mehr amtierende Regierung der nationalen Einheit unter
der MDCT und der ZANU-PF gemeinsam eine Verfassung auf den Weg gebracht habe, die
sehr freiheitlich und demokratisch orientiert sei, so Schirmel. Doch zu weiter reichenden
Reformen sei es aufgrund des Regierungsendes nicht mehr gekommen, eine Situation,
die der Präsident Mugabe nun durch die Vorverlegung der Wahlen innerhalb seiner verfassungsgemäß
garantierten Rechte zu seinen Gunsten genutzt habe. Das habe nun weitreichende Auswirkungen
auf die Wahlen:
„Im Prinzip ist es so, und das ist vielleicht der Unterschied
zur Wahl von 2008, dass es jetzt im Vorfeld nicht ganz so blutig zugeht. Es finden
zwar Einschüchterungen statt, auch die Opposition wird in ihren Wahlveranstaltungen
gehindert, aber problematisch ist vor allem, dass in den Wählerlisten viele Menschen
geführt sind, die nicht mehr leben – man schätzt dass über 100.000 Menschen, die auf
den Listen stehen, über 100 Jahre alt sind und de facto wohl nicht mehr leben – dann
gibt es auch noch schätzungsweise etwa eine weitere Million von Menschen, die außer
Landes sind oder nicht mehr leben, dann war auch der Zeitraum, in dem man sich als
die Wähler registrieren lassen konnte, sehr kurz. Man vermutet, dass es vor allem
bei den jungen Wählern viele gibt, die nicht für Mugabe stimmen würden. Man hat also
gerade die daran gehindert, sich zu registrieren, man hat es verzögert, indem man
gesagt hat, die Papiere seien noch nicht vollständig. Das führte dazu, dass im Prinzip
nur 9 Prozent aller registrierten Wähler unter 30 Jahre alt sind, was überhaupt nicht
der demographischen Verteilung in Simbabwe entspricht.“
Eine wichtige
Rolle spiele in diesem Zusammenhang auch der Sicherheitssektor, also die Polizei und
der Sicherheitsapparat. Diese hätten im Sinne der neuen Verfassung umstrukturiert
werden sollen, aber auch dafür sei noch keine Zeit gewesen. Sie agierten in erster
Linie für die Mugabe-Partei ZANU-PF und seien von deren Mitgliedern durchsetzt. Barbara
Schirmel fürchtet, dass es innerhalb dieses Szenarios doch noch zu Gewaltausbrüchen
kommen könnte:
„Problematisch ist auch, dass die beiden größten Oppositionsparteien
sich nicht einig sind, das heißt, dass die beiden, die jetzt auch die meisten Wählerstimmen
hinter sich vereinen könnten, also Morgan Tvangirai der MDCT und Welshman Ncube von
der MDCN gespalten sind und jeweils eigene Parteikoalitionen gebildet haben, so dass
es auch keine einheitliche Opposition gibt. Damit steigen natürlich die Chancen für
Mugabe massiv an, diese Wahlen zu gewinnen und das löst zum Einen Frustration aus,
aber auch die Opposition wird, sollte Mugabe gewinnen, dem nicht tatenlos zusehen,
denn dann werden genau die Punkte, die ich bereits genannt habe, nämlich dass Wahlmanipulation
vorliegt, wieder auf den Tisch kommen und es ist durchaus zu befürchten, dass es nach
der Wahl wieder zu Gewalt kommt und die Opposition das Ergebnis nicht anerkennen wird.
Umgekehrt ist es leider auch durch diese Spaltung sehr unwahrscheinlich, dass einer
der Kandidaten der Opposition Mugabe schlagen könnte.“
Um all diesen Entwicklungen
entgegen zu wirken, habe die katholische Kirche vor Ort unter Federführung der Justitia
et Pax-Kommission und in Zusammenarbeit mit Misereor und anderen Organisationen vor
allem auf die Aufklärung der Bevölkerung gesetzt. Gleichzeitig sollen katholische
Wahlbeobachter den Wählern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.
„Misereor
hat massiv einige Diözesen darin unterstützt, politische Bildung zu betreiben, die
Menschen zu motivieren, sich registrieren zu lassen, zur Wahl zu gehen und indirekt
wird in vier Diözesen Wahlbeobachtung unterstützt. Das heißt, dass schätzungsweise
2100 Wahllokale durch Menschen, die mit Justitia et Pax-Kommissionen zusammen arbeiten,
besetzt sein werden. Das ist natürlich eine reine Beobachtung, denn die Beobachter
sollen sich nicht selbst in Gefahr bringen. Die Absicht ist, hinterher einschätzen
zu können, wie fair und ungehindert die Menschen wählen konnten, oder ob Wähler doppelt
auftauchen. Insofern muss man sagen, dass vor allem die katholische Kirche sehr engagiert
ist, nicht vom parteipolitischen Gesichtspunkt aus, sondern im Sinne einer demokratischen
und freien Wahl.“